Hans Stosch-Sarrasani im Kostüm

2. April 1873 - Der Artist und Zirkus-Gründer Hans Stosch-Sarrasani wird geboren

Sein Name wird im Laufe seines Lebens immer länger, bis er zuletzt Hans-Erdmann Franz Stosch-Sarrasani lautet. Im öffentlichen Gedächtnis bleibt Sarrasani, scheinbarer Vorname: Zirkus.

Im Dorf Lomnitz in der preußischen Provinz Posen gibt es nicht viel, außer einer Glashütte. Geleitet wird sie von dem Chemiker Albert Stosch. Am 02. April 1873 wird sein Sohn Hans geboren. Der Vater träumt davon, einen Nachfolger als Glashüttenbetreiber gefunden zu haben. Der Sohn träumt auch. Doch etwas ganz anderes.

Sarrasani, Artist und Zirkus-Gründer (geboren am 02.04.1873)

WDR ZeitZeichen 02.04.2023 14:58 Min. Verfügbar bis 02.04.2033 WDR 5


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Stockschläge sind nicht zielführend

Die Träume von Vater und Sohn passen nicht zueinander. Im kleinen Lomnitz hat die Fantasie viel Platz zur Entfaltung. Hans Stosch nutzt diesen Platz. Der Vater merkt, dass der Sohn, statt zielstrebig zu pauken, lieber Geschichten erfindet und andere mit seinen Ideen unterhält. Die pädagogischen Maßnahmen des Vaters in Form von Stockschlägen helfen nicht.

In die weite Welt hinaus

Mit gerade mal 15 Jahren packt Hans seine Fantasie, seine Träume und noch ein paar andere Sachen ein und verschwindet von zu Hause. Warum im Lomnitz bleiben, wenn die Welt viel größer ist und doch bestimmt auf Träumer wie ihn wartet? Zuerst wartet der Wanderzirkus von Helene Kolzer in Bayern.

Ein Clown ist nicht in jeder Familie willkommen

Hans Stosch will Clown werden. Das ist zu viel für den gutbürgerlichen Vater. Ein Clown in der Familie, das passt nicht in sein Weltbild. In eine Glashütte wohl auch nicht. Der Vater enterbt den Sohn und verbietet der Familie, je wieder Kontakt aufzunehmen, egal ob der nun Clown, Dressurreiter oder Zirkusdirektor wird.

Die Menagerie der "lustigen Tiere"

Hans Stosch-Sarrasani (Giovanni Sarrasani) im Clowns-Kostüm

Hans Stosch-Sarrasani (Giovanni Sarrasani) im Clowns-Kostüm, etwa 1895

Die Clownerie nimmt zu dieser Zeit eine interessante Entwicklung. Dressurclowns bieten eine neue Form der Unterhaltung. Ein Clown, der nicht den dummen August gibt, sondern mit "naturkomischen" Tieren auftritt. Mit Affen, Schweinen, Eseln, Gänsen, Hunden. Daran orientierte sich der Jüngling. Was 1890 mit einem Pudel beginnt, wird 1892/93 zur "Funny Family" mit Affen, Hunden, Ratten, Ziegenbock, Schwein, Esel.

Eine feurige Inspiration

Aus Hans Stosch wird Giovanni Sarrasani.

Im Stroh, auf welchem er schlief, erschien ihm im Traume das seltsame Wort aus Flammen und Wüstensand. Werbe-Erklärung zur Herkunft des Künstlernamens

Vom Clown zum Direktor

Sarrasani spart und heiratet eine Frau mit einer 90.000-Mark-Erbschaft. Die Zirkus-Konkurrenz ahnt noch nicht, dass Clown Sarrasani fast im Geheimen zum Direktor eines eigenen Zirkus wird.

Das geschieht in Radebeul mit Unterstützung sehr vieler Radebeuler. Das Unternehmen wird aufgebaut und zieht nach Meißen zur Premiere, weil Radebeul zu klein für die Premiere eines großen Zirkus ist und hat am 30. März 1902 an der Martinstraße in Meißen Premiere.

Aus dem Zirkus in den Krieg

1912 errichtet Sarrasani in Dresden den ersten festen Zirkusbau Europas mit zwei riesigen Zelten für jeweils 10.000 Zuschauer.

Der Erste Weltkrieg macht alles kaputt. Artisten, Arbeiter, Zugmaschinen und Pferde werden zum Kriegsdienst verpflichtet. Der Zirkus bietet ein Notprogramm mit dem passenden Titel: Europa in Flammen.

Mit jüdischen Artisten auf die letzte Tournee

Mitte der 1930er-Jahre will Sarrasani junior ein Programm nach dem Geschmack der NSDAP entwickeln und holt drei überzeugte Nazis in die Geschäftsleitung. Jüdische Artisten werden entlassen. Sarrasani senior nimmt sie mit auf Südamerika-Tournee.

Trauerfeier für Hans Stosch-Sarrasani

Der aufgebahrte Hans Stosch-Sarrasani, 1934

Die Tournee beginnt 1934. Hans Stosch-Sarrasani beantragt die brasilianische Staatsbürgerschaft. Vier Tage, nachdem er sie erhält, stirbt er am 21. September 1934 in Sao Paulo.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Klug
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. April 2023 an den Artisten und Zirkus-Gründer Hans Stosch-Sarrasani. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 03.04.2023: Vor 465 Jahren: Todestag Roxelanes, der Frau Süleymans des Prächtigen.