"Der Lloyd ist eine Reederei ersten Ranges und wird stets Schiffe ersten Ranges haben!" Das verkündet Hermann Henrich Meier, Sohn einer alteingesessenen Bremer Kaufmannsfamilie, voller Überzeugung bereits in der Gründungsphase des Norddeutschen Lloyd. Meier träumt wie sein Kompagnon, der jungen Reeder Eduard Crüsemann, von einer transatlantischen Dampferlinie.
Am 20. Februar 1857 ist es soweit: Meier und Crüsemann gründen den Norddeutschen Lloyd. Da haben sie zwar noch nicht die anvisierten vier Millionen Taler Grundkapital beisammen, aber genug Geld, um die regelmäßige Schiffsverbindung nach New York in Angriff zu nehmen.
Der Traum vom besseren Leben
Der erste Direktor Crüsemann setzt von Beginn an auch auf zahlende Passagiere: Millionen Auswanderer verlassen ab Mitte des 19. Jahrhunderts Europa, um in der Neuen Welt ihr Glück zu suchen. Während die Unterschicht vor der Armut flieht, reist der europäische und amerikanische Geldadel zum geselligen Zeitvertreib über den Atlantik.
Entsprechend werden die Dampfer mit strikter Klassentrennung konzipiert: In der ersten Klasse sorgen Hunderte Stewards, Köche und Unterhalter für das Wohl der Passagiere. Dagegen schlafen in den Zwischendecks die meist bettelarmen Auswanderer dicht gedrängt.
Konkurrenz zur Seemacht England
Sie träumen von New York
Mit der Reichsgründung 1871 avanciert die Schifffahrt zum nationalen Prestigeprojekt. Die Deutschen wollen nicht mehr länger hinter der Seemacht England zurückstehen. Als Gründer Meier 1898 stirbt, hat sich seine Vision erfüllt: Der Norddeutsche Lloyd gehört mit elf schnellen Zweischraubendampfern zu den bedeutendsten Reedereien der Welt.
Die Blütezeit des Norddeutschen Lloyd endet mit Beginn des Ersten Weltkriegs. Der Stolz der Reederei, die "Kaiser Wilhelm", wird im Kriegsdienst von den eigenen Leuten versenkt. Nach der Kapitulation muss Deutschland alle noch seetauglichen Schiffe an die Alliierten ausliefern.
Vom Luxusliner zur Kriegsflotte
Erst als 1928 die "Bremen IV" vom Stapel läuft, können Stars wie Marlene Dietrich, Max Schmeling oder der Tenor Richard Tauber wieder in gewohntem Komfort nach New York reisen. Doch der Glanz währt nicht lang.
1945 sind erneut fast alle Lloyd-Schiffe versenkt oder beschlagnahmt. Zudem geht die Ära der großen Passagierdampfer langsam zu Ende. Die Menschen reisen lieber mit dem Flugzeug über den Atlantik.
Der Norddeutsche Lloyd muss 1970 mit seinem Hamburger Konkurrenten Hapag zur Hapag-Lloyd AG fusionieren. Seither werden statt Auswanderer und First-Class-Gästen Container und Kreuzfahrt-Passagiere über die Weltmeere befördert.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Kerstin Hilt
Redaktion: Ronald Feisel und David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 20. Februar 2022 den Norddeutschen Lloyd. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 21.02.2022: Vor 60 Jahren: Erste Folge von "Pumuckl" als Hörspiel im Bayerischen Rundfunk