Teile der Freiheitstatue kommen am Hafen in New York an

Stichtag

17. Juni 1885 - Freiheitsstatue kommt nach New York

Ein Abend in Paris, kurz nach der Ermordung von Abraham Lincoln im Jahr 1865: Eine Gruppe französischer Liberaler trifft sich zum Essen und überlegt, wie man das Andenken an diesen großen Mann und an den Sieg der Nordstaaten im Bürgerkrieg bewahren kann. Ein monumentales Denkmal für die amerikanische Unabhängigkeit könnte diese Aufgabe erfüllen. Ein Geschenk der Franzosen an die Neue Welt, so die Idee, gemeinsam gebaut in den Vereinigten Staaten. Das wäre zugleich eine deutliche Kritik an die eigene Monarchie und Kaiser Napoleon III., der im Bürgerkrieg die Sklaverei und den Süden unterstützt hat.

Auch Frédéric Bartholdi ist an diesem Abend im Haus des Geschichtsprofessors Edouard de Laboulay und sofort von der Idee begeistert. Der junge Künstler will eine Statue nach dem Vorbild der Antike, wo Frauen die Freiheit repräsentieren. Allerdings schwebt Bartholdi keine zügellose Göttin mit entblößter Brust und wildem Haar vor - wie sie in der Französischen Revolution aufgegriffen wurde - sondern eine prüdere Variante, mit Kleidern bedeckt und ruhiger Ausstrahlung. Doch groß soll sie sein, riesengroß wie der Koloss von Rhodos und das Hermannsdenkmal.

Begeisterung in Paris

Fünf Jahre dauert es, bis Bartholdi aus seinen ersten Ideen eine konkrete Vorstellung entwickelt. Zunächst entsteht die Freiheitsgöttin in seiner Pariser Werkstatt. Später soll sie zerlegt und über den Atlantik gebracht werden. Denn Lady Liberty ist die mit Abstand größte Statue, die bis dato errichtet wurde. Allein ihr rechter Arm misst 13 Meter, ihre Nase ist mehr als ein Meter lang und insgesamt bringt sie es auf wenig damenhafte 204 Tonnen. Handwerker dengeln unter der Aufsicht von Barholdi die Außenhaut aus dünnen Kupferblechen und bauen die tragende Konstruktion aus massiven Eisenträgern. Das innere Skelett entwirft der französische Ingenieur Gustave Eiffel, eine Art Mini-Eiffelturm.

Das alles kostet viel Geld und soll mit Spenden finanziert werden. Die Franzosen sammeln für die Statue, die Amerikaner für Fundament und Sockel. Mittels Galas und Konzerten lassen sich die Europäer relativ leicht für das Denkmal begeistern. Auch weil Lady Liberty in Paris in die Höhe wächst und bald zum Publikumsmagneten wird. Würdenträger besichtigten die über der Stadt thronende Dame, Journalisten schreiben zahlreiche Berichte, Millionen Zeichnungen sind im Umlauf. "Jeder kennt die Freiheitsstatue, lange bevor sie nach New York kommt", sagt Edward Berenson, Professor für Geschichte an der New York University.

Schwierige Finanzierung in New York

Auf der anderen Seite des Atlantiks hält sich die Begeisterung für das gemeinsame Projekt in Grenzen. Die New Yorker sehen nicht ein, warum sie für die Statue bezahlen sollen, wo so viele reiche Leute in dem Spendenkomitee sitzen. Als Bartholdi mit seinen Arbeiten fertig ist, sind die Amerikaner immer noch nicht weiter mit der Finanzierung des Podests. Da wird es ihm zu bunt und er schickt seine Dame auf die Reise - zum Leidwesen vieler Pariser, die sich mittlerweile sehr an sie gewöhnt haben. Doch die Freiheitsstatue wird zerlegt, in 212 Kisten verpackt und auf ein Dampfschiff verladen.

Am 17. Juni 1885 erreicht sie die Neue Welt. Erst zwei Tage später bereiten die New Yorker ihrer neuen Ehrenbürgerin einen standesgemäßen Empfang, mit Schiffsparade, Festbeflaggung, Marschkapellen und Zehntausenden Schaulustigen. Ansonsten sind sie überhaupt nicht vorbereitet. Das Symbol der Freiheit bleibt monatelang in Kisten eingesperrt, weil die Finanzierung für das Fundament fehlt. Erst als der Verleger Joseph Pulitzer eine Kampagne startet, kommt das Geld für den Sockel zusammen. Ein Jahr nach ihrer Ankunft in New York wird die Freiheitsstatue offiziell eingeweiht - vom Präsidenten der USA höchstpersönlich.

Drei Millionen Besucher pro Jahr

Seitdem ragt sie von ihrer kleiner Insel 90 Meter hoch über den New Yorker Hafen und begrüßt Neuankömmlinge aus der Alten Welt, mit der goldenen Fackel der Freiheit in der Rechten und der Inschriftentafel mit dem Datum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung in der Linken. Für viele Einwanderer ist sie lange das Erste, was sie von ihrer neuen Heimat sehen, wenn sie in Amerika ankommen. Heute kommen zwar die wenigsten Immigranten per Schiff. Doch nehmen jedes Jahr drei Millionen Touristen und US-Bürger die Fähre nach Liberty Island, um die wohl amerikanischste aller amerikanischen Ikonen zu besuchen - geboren in Frankreich.

Stand: 17.06.2015

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