Am Ufer des Flusses Clyde im schottischen Glasgow drängen sich am 27. September 1938 rund 300.000 Menschen. Gekleidet in ihren besten Anzügen und feinsten Kleidern warten sie auf die Schiffstaufe der "Queen Elizabeth".
Der Dampfer ist nicht irgendein Schiff, sondern das Größte seinerzeit. Taufpatin ist dem Anlass entsprechend die Frau des Königs, "Queen Elizabeth", später besser bekannt als "Queen Mum".
Taufe mit kleinen Hindernissen
Auch die künftige Königin Elizabeth II. beobachtet als zwölfjähriges Mädchen vom Ufer aus, wie das Schiff allzu schnell vom Dock hinunter gleitet. Deutlich früher als für die Zeremonie vorgesehen. Ihre Mutter kann gerade noch ihren Taufspruch hinterher rufen.
Dabei hat das Schiff eigentlich reichlich Verspätung. Geplant wurde "Queen Elizabeth" in den Zwanziger Jahren, als das Geld in der Oberschicht üppig vorhanden war. Die Weltwirtschaftskrise legte die Pläne dann erst einmal auf Eis. Erst mithilfe eines britischen Staatsdarlehens kann die Reederei Cunard den Bau vollenden.
Truppentransport statt Luxusliner
Die Idee: "Queen Elizabeth" soll zusammen mit dem bisherigen Flaggschiff "Queen Mary" einen wöchentlichen Pendelverkehr zwischen Southampton und New York bedienen. Wieder kommt es anders, der Dampfer wird 1940 zum Militärdienst eingezogen.
Statt der Luxustouristen überqueren nun zusammengepferchte US-Soldaten den Atlantik. "In den Zweierkabinen wurden bis zu 21 Mann untergebracht", erzählt Ingo Thiel, Experte für Passagierschiffe. Der britische Premier Winston Churchill wird später sagen, der Einsatz der beiden "Queens" habe den Krieg um ein Jahr verkürzt.
Schwimmende Altersheime
Nach Kriegsende wird "Queen Elizabeth" endlich mit feinsten Teppichen, Perlmutt und Marmor ausgestattet - und nimmt die Altantikroute auf. Ende der Fünfziger Jahre bringt dann der Flugverkehr Passagierdampfer in Bedrängnis. Der Jetset geht nun lieber in die Lüfte.
Die Dampfer werden zu Auffangbecken für reiche US-Witwen, was wiederum andere Reisende abschreckt. "Leider sind die dann damals verkommen zu so schwimmenden Altersheimen, das muss man genau so sagen'", erklärt Thiel.
Eine Hochschule auf dem Schiff
Die Reederei beschließt einen Imagewechsel, baut "Queen Elizabeth" zum Kreuzfahrtschiff für die Südsee um. Der Plan geht nicht auf und ein Milliardär aus Hongkong übernimmt 1970 den nun unrentablen Koloss. Er will auf dem Schiff eine Universität einrichten.
Den Traum von der schwimmenden Hochschule zerstören im Januar 1972 große Flammen - wahrscheinlich Brandstiftung. Nach zweitägigem Brand versinkt die einstige Königin der Meere im Hafenschlick von Hongkong.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. September 2018 ebenfalls an das Schiff Queen Elisabeth. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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