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Bürgerrat beteiligt sich am politischen Gespräch

Gegen Politikfrust: Sind Bürgerräte die Lösung?

Politische Empfehlungen aus der Mitte der Bevölkerung: Das soll der neue Bürgerrat des Bundestages liefern. Befürworter sehen darin die Möglichkeit für mehr Mitbestimmung, Kritiker hinterfragen seine Wirksamkeit. Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!

"Sagen sie, was Sie denken. Reden Sie, wie Sie immer reden" – dazu hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Mitglieder des ersten, vom Bundestag bestimmten, Bürgerrats aufgerufen. Fünf Monate lang sollen sich die 160 ausgelosten Mitglieder des Gremiums mit dem Thema Ernährung beschäftigen. Am Ende soll ein Empfehlungspapier darüber entstehen, welche Maßnahmen für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung von Bürgern gewünscht sind. Der Rat soll in seiner Zusammensetzung einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden.

Befürworter sehen Bürgerräte als Mittel, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Perspektiven und Impulse sollen so direkt aus der Mitte der Bevölkerung in der Politik landen, Bürger können aktiv an politischen Prozessen teilhaben. "Hier sollen auch die Menschen zu Wort kommen, die sich sonst nicht von selbst melden oder lautstark ihre Meinung kundtun", sagte Bärbel Bas bei der Eröffnungsveranstaltung des Rates.

Mehr Teilhabe an der Demokratie ist dringend notwendig: Laut DeutschlandTrend extra stimmen 37 Prozent der Bevölkerung der Aussage "Wir leben gar nicht in einer richtigen Demokratie" eher zu. Die Landtagswahl in NRW 2022 lag mit einer Beteiligung von 55,5 Prozent auf einem historischen Tiefpunkt. Politikverdrossenheit und -frust sind ein ständiges Thema, mehr Bürgerbeteiligung ein oft gefordertes Mittel.

Kritiker hinterfragen allerdings, wie viel Einfluss Bürgerräte wirklich auf politische Entscheidungen haben: Der Rat erarbeitet nur Handlungsempfehlungen. Ob diese wirklich umgesetzt werden, darüber entscheiden die Mitglieder des Deutschen Bundestages. Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann sieht in den Bürgerräten sogar "Alibi-Parlamente, die per Los zusammengewürfelt werden". In einer repräsentativen Demokratie delegieren Wähler ihre politische Macht an Vertreter, die über politische Fragen entscheiden.

In Deutschland hat es bereits sieben weitere bundesweite Bürgerräte gegeben, die sich u. a. mit Themen wie Klima und Bildung beschäftigt haben. Sie wurden jedoch nicht offiziell vom Bundestag, sondern vom Verein "Mehr Demokratie" organisiert. Auf lokaler Ebene werden Bürgerräte schon in verschiedenen Gemeinden in NRW eingesetzt, z. B. in Aachen oder Dinslaken.

Sind Bürgerräte für Sie gelebte Demokratie, oder nur ein "Mitmachtheater"? Wem nützen Bürgerräte etwas? Sind Bürgerräte die Lösung gegen den Politikfrust? Haben Bürgerräte auch eine Zukunftsperspektive? Ist das Thema Ernährung ein gutes Thema für mehr Bürgerbeteiligung – oder sollten Bürgerräte auch über andere Themen Empfehlungen ausarbeiten? Würden Sie sich gerne an einem Bürgerrat beteiligen?

Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).

Gast: Prof. Hans Joachim Lietzmann, Politikwissenschaftler Bergische Universität Wuppertal

Redaktion: Julian Troost und Gundi Große

Gegen Politikfrust: Sind Bürgerräte die Lösung?

WDR 5 Tagesgespräch 04.10.2023 46:23 Min. Verfügbar bis 03.10.2024 WDR 5


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