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Die Reisepässe der der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei nebeneinander.

Neues Staatsangehörigkeitsrecht: Hält doppelt besser?

Heute tritt das neue Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft, das doppelte Staatsbürgerschaften ermöglicht. Und eine schnellere Einbürgerung. Warum ist es für manche Menschen wichtig, zwei Pässe zu haben? Sorgt das für mehr oder weniger Integration? Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!

Bis letztes Jahr war eine doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland grundsätzlich nicht vorgesehen. Wer sich einbürgern lassen wollte, musste in der Regel erst seine alte Staatsangehörigkeit aufgeben. Doch das ändert sich nun. Bereits im Januar wurde das Gesetz zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts verabschiedet, das doppelte Staatsbürgerschaften vereinfachen soll und eine Staatsangehörigkeit bereits nach fünf Jahren möglich macht. Bisher mussten die Antragsteller mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben. Seit heute sind die neuen Regeln in Kraft.

Doppelte Staatsbürgerschaft - das bedeutet, dass man gleichzeitig Bürger von zwei verschiedenen Staaten ist. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, betonte: "Zugehörigkeit und Heimat gehen auch im Plural." Zwei Pässe seien "im Jahr 2024 das Normalste der Welt und längst Realität in vielen Ländern". Innenministerin Nancy Faeaser hob auch die wirtschaftlichen Vorteile hervor: Ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht sei "ein entscheidender Schlüssel" für die Wettbewerbsfähigkeit. Man hat zwei Pässe, kann jederzeit ohne Visum in beide Länder einreisen, und in beiden Ländern ohne Weiteres arbeiten und leben.

Die Nachfrage nach der doppelten Staatsbürgerschaft ist auf jeden Fall da, vor allem bei der deutsch-türkischen Community: Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, rechnet nach dem Inkrafttreten des neuen Staatsbürgerschaftsrechts mit etwa 50.000 Anträgen pro Jahr. Viele Menschen mit türkischen Wurzeln aus der ersten und zweiten Einwanderergeneration hatten bisher gezögert, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, da sie ihre türkische nicht aufgeben wollten. Mit dem Doppelpass können sie nun beide Staatsbürgerschaften erhalten.

Aber es gibt auch Gegenstimmen zum neuen Gesetz: Kritiker befürchten, dass sich Menschen mit zwei Staatsangehörigkeiten weniger mit Deutschland als Heimatland identifizieren würden. Der Streit darum geht bis in die 1990er Jahre zurück: Eine Kampagne gegen den Doppel-Pass hatte 1999 noch Roland Koch (CDU) in Hessen zum Wahlerfolg verholfen. Vier Millionen Unterschriften kamen damals zusammen. Ist mit der Reform der jahrzehntelange Kulturkampf um die doppelte Staatsbürgerschaft nun vorbei?

Weshalb hat sich unser Land damit so schwergetan? Warum kann es wichtig sein, Angehöriger zweier Staaten zu sein? Können Menschen zu Deutschland eine enge Bindung aufbauen, wenn die zweite Verbindung weiterhin durch die Staatsangehörigkeit untermauert wird? Wer sich besonders gut integriert hat, kann bereits nach drei Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen - ist die schnellere Einbürgerung eine gute Reform? Haben Sie selbst eine doppelte Staatsbürgerschaft oder möchten sie eine beantragen? Worin sehen Sie die Vor- oder Nachteile vom Doppel-Pass?

Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).

Gast: Gökay Sofuoglu, Vorsitzender Türkische Gemeinde Deutschland

Redaktion: Chris Hulin, Gundi Große und Willi Schlichting

Neues Staatsangehörigkeitsrecht: Hält doppelt besser?

WDR 5 Tagesgespräch 27.06.2024 46:39 Min. Verfügbar bis 27.06.2025 WDR 5


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