Julian Assange liegt auf der Seite auf seinen Arm gestützt und schaut aus dem Fenster eines Flugzeugs.

Schuldig und frei – wie sehen Sie Assange?

Für einige ist der Wikileaks-Gründer ein Rebell, der Missstände aufgedeckt und die Weltmacht USA herausgefordert hat. Für andere ist Assange ein Verräter, der geheime Dokumente gestohlen und Menschen in Gefahr gebracht hat. Wie denken Sie über die Freilassung von Julian Assange? Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!

Nach einem Deal mit der amerikanischen Justiz ist der Wikileaks-Gründer Julian Assange jetzt ein freier Mann. Der 52-jährige Australier hat sich schuldig bekannt, Informationen zur nationalen Verteidigung erlangt und weitergegeben zu haben. Im Gegenzug wurden ihm die fünf Jahre in Haft in London angerechnet. Die Auslieferung an die USA ist damit vom Tisch.

Damit endet für den Aktivisten eine 14-jährige Odyssee: Assange wurde 2010 in Großbritannien zum ersten Mal aufgrund eines schwedischen Haftbefehls wegen des Vorwurfs eines Sexualverbrechens festgenommen. Der Haftbefehl wurde später fallengelassen.

Seither stand Assange zeitweise unter Hausarrest, hielt sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London auf und wurde seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten. Assange ging aus seiner Haft heraus gegen die drohende Auslieferung an die USA vor – dort drohten ihm im Falle einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Gefängnis. Der Vorwurf: Spionage und Landesverrat.

Der Gründer der Plattform Wikileaks veröffentlichte ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA. Die Datenlecks enthielten brisante Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten. Die USA warfen Assange vor, geheimes Material von Militäreinsätzen gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Aus der ecuadorianischen Botschaft heraus gelingt Assange dann sein größter Coup: Mitten im amerikanischen Wahlkampf von 2016 veröffentlicht Wikileaks gehackte E-Mails der Demokratischen Partei, die Hillary Clinton schaden. Das Material, das sich als vorteilhaft für den späteren Wahlsieger Donald Trump erwies, soll von Hackern mit russischer Unterstützung gestohlen worden sein.

Jahrelang hat Julian Assange Gerichte, Behörden und Medien beschäftigt – und entzweit: Seine Kritiker sehen in ihm einen rücksichtslosen Selbstinszenierer, der sich nie um die Konsequenzen seiner Taten gekümmert hat. Die Anhänger von Assange sehen in ihm dagegen einen Helden, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat und traditionelle Machtstrukturen aufzubrechen versuchte. Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker hatten über Jahre Assanges Freilassung gefordert.

Wie sehen Sie Julian Assange? Ist er für Sie ein Pionier der Pressefreiheit, der sich zurecht mit einer Großmacht angelegt und Missstände aufgedeckt hat? Oder ist er aus ihrer Sicht ein radikaler Egomane, der rücksichtslos das Leben von Informanten in Gefahr gebracht und mit seinen Enthüllungen Wahlen beeinflusst hat? Bedeutet die Freilassung von Julian Assange ein gutes Ende?

Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).

Gast: Christoph Prössl, ARD-Korrespondent London

Redaktion: Moritz Folk und Willi Schlichting

Schuldig und frei – wie sehen Sie Assange?

WDR 5 Tagesgespräch 26.06.2024 45:06 Min. Verfügbar bis 26.06.2025 WDR 5


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