In den sozialen Medien ist eine Retraditionalisierung zu beobachten: Seit ein paar Jahren treibt die Bewegung der "Tradwives" hier einen antifeministischen Rollback an.
Backende Hausfrauen und brave Kirchgängerinnen
Der Begriff "Tradwives" setzt sich aus den englischen Wörtern: "traditional" und "wives" zusammen. Bezeichnet also "traditionelle/klassische Ehefrauen", und als solche treten die Protagonistinnen auf: als backende Hausfrauen, liebevolle Mütter, brave Kirchgängerinnen und vor allem: gehorsame Ehefrauen.
Bild der guten Hausfrau in den 1950er Jahren
Die ersten Tradwives, die erfolgreich auf TikTok und Instagram agieren, gab es in den USA, mittlerweile sind sie aber auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern erfolgreich.
Sie propagieren einen Lebensstil, der wie eine Zeitreise in die 50er Jahre erscheint: Ihr ganzes Leben kreist um drei, respektive vier, Ks: Küche, Kinder, Kirche und "Kerl". Die heterosexuelle, in der Regel weiße, Kleinfamilie ist das Maß aller Dinge.
Offene oder versteckte rechte Ideologie
Im liebevoll dekorierten Eigenheim setzen sie ihren "selbstgewählten" Lifestyle in Szene, durch eine ausgeprägte Ästhetik und das vermeintlich erfüllte Leben, das Frauen vom Spagat zwischen Job und Familie befreit, sprechen die Tradwives einen wachsenden Personenkreis an.
Versteckt in vielen Videos und Texten findet sich allerdings rechtes und rechtsextremes Gedankengut. Einige der Influencerinnen in den USA stehen beispielsweise der Alt-Right- und White-Supremacy-Bewegungen nahe.
Drohende Altersarmut für erwerbslose Frauen
Tradwives propagieren die eigene Erwerbslosigkeit und finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann, dem als Familienoberhaupt zu gehorchen sei.
Expert:innen warnen vor den weitreichenden Folgen dieses Lebensmodells: Altersarmut, Abhängigkeit, Verlust gesellschaftlicher Teilhabe und öffentlicher Sichtbarkeit sind nur einige davon.
Zugleich verweisen sie aber auch auf die Gründe für die Rückbesinnung auf eine traditionelle Rollenverteilung: Denn an Frauen werden in unserer Gesellschaft vielfach kaum erfüllbare Ansprüche gestellt.
Feministin und Gottes Influencerin
Theresa Brückner wird in den Medien gerne als "Gottes Influencerin" bezeichnet. Die 37-Jährige hat Theologie studiert und arbeitet heute als Pfarrerin im digitalen Raum. Sie hat sich intensiv mit dem Phänomen "Tradwives" befasst und zusammen mit anderen Autorinnen das Buch "Heute ist ein guter Tag, das Patriarchat abzuschaffen" veröffentlicht.
Redaktion: Chris Hulin
Buchtipp
Bettina Schulte (Hrsg.): Heute ist ein guter Tag, das Patriarchat abzuschaffen. Stuttgart: Hirzel, 2024. 180 Seiten. 23 €. ISBN: 978-3-7776-3475-3.