Saudi-Arabien und die Welt-Macht – Sebastian Sons
Saudi-Arabien plant offenbar, eine gewichtige Rolle in der Weltpolitik zu spielen. Einen Weg, sein Ansehen zu verbessern und von möglichen Missständen abzulenken, sieht das Land in der Förderung von Sport. "Sportswashing" nennt das der Islamwissenschaftler Sebastian Sons.
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman will aus dem Wüstenstaat eine Großmacht, vielleicht sogar eine Weltmacht machen – in vielerlei Hinsicht. Das zeigt sich nicht nur an aktuellen Entwicklungen und der besonderen Rolle des Landes im Nahost-Konflikt. Vor allem mithilfe des Sports wollen die Saudis international gesellschaftsfähig werden – und zugleich Signale der Stärke an den Westen senden.
Bisher geht das Kalkül der Saudis auf. Die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2034 wollen sie austragen. Der Zuschlag gilt als wahrscheinlich, da sie der einzige Bewerber sind. Geld spielt offenbar keine Rolle, die Regierung aus Riad ist dank üppiger Rohstoffvorkommen mühelos in der Lage, die Investitionen zu stemmen. Schon die Austragung der asiatischen Winterspiele 2029 auf einem Bergplateau in der Wüste wird den Aufwand für eine Sportveranstaltung in neue Dimensionen treiben.
Der Sport ist aber wohl nur der sichtbare Teil einer globalen Strategie: Kronprinz Mohammed bin Salman treibt Reformen im erzreaktionären Land voran, die den Staat langfristig von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft unabhängig machen sollen. Die Saudis investieren ebenso in eine Fluglinie sowie in grünen Wasserstoff.
Die Investitionen in den Sport stellen nicht nur eine große Herausforderung für die europäischen Fußballklubs da. Sie verrücken auch die Maßstäbe aus sportethischer Perspektive. "Sportswashing" heißt der Begriff, der beschreibt, wie ein politisch im Westen eigentlich verfemtes Regime über die Austragung von Sportveranstaltungen gesellschaftsfähig werden möchte.
Redaktion: Heiko Hillebrand
Buchtipp
Sebastian Sons (2023): Die neuen Herrscher am Golf und ihr Streben nach globalem Einfluss. Bonn: Dietz. 238 Seiten. 24 Euro. ISBN 978-2-8012-0660-4.