- Sendehinweis: Neugier genügt | Heute, 10.04 - 12.00 Uhr | WDR 5
Das Bild vom schmuddeligen, finsteren und hoffnungslos rückständigen Mittelalter ist falsch, sagt Matthias Wemhoff. Ebenso falsch ist für den Historiker und Archäologen die Vorstellung, dass Städte wie Dortmund oder Paderborn schon immer da waren. Denn der Städtegründungsboom in Europa wurde erst gefördert durch die mittelalterliche Warmzeit; deren Folgen reichere Ernten, enormes Bevölkerungswachstum und Wohlstand waren. Hinzu kam ein nie dagewesener Erfindergeist. Wemhoff sieht in der Gründerzeit 1200 den Aufbruch in die Moderne, auch weil Geräte wie Kompass, Lesebrille oder Uhrwerk erfunden wurden.
Matthias Wemhoff ist gebürtiger Münsteraner. Er hat in den 1980er Jahren die Ausgrabungen am Herforder Damenstift geleitet und ist seit 2008 Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin. Die im Mittelalter gegründeten Städte waren präzise geplant, erklärt Wemhoff in der WDR-5-Redezeit mit Tobi Schäfer: Straßenzüge, Kirchen, vor allem Marktplätze unserer heutigen Städte seien immer noch an denselben Stellen wie vor 800 Jahren. Das Mittelalter ist also präsent in unseren Städten und hat seinen schlechten Ruf schlichtweg nicht verdient, erklärt der Mittelalter-Historiker.
Buchtipp
Gisela Graichen, Matthias Wemhoff (2024): Gründerzeit 1200. Wie das Mittelalter unsere Städte erfand. 2024, Berlin: Propyläen. 464 Seiten, 29 Euro. ISBN 9783549100653.
Redaktion: Heiko Hillebrand