Die Schwestern Zazie Ambs und Dieo Rosenbaum sind ziemlich verschieden. Zazie wohnt im ruppigen Offenbach, Dieo im gediegenen Frankfurter Nordend. Wo Zazie skeptisch und konfrontativ ist, neigt Dieo zu Ausgleich und Zuversicht.
Beide eint die soziale Ader. Dieo arbeitet als Psychotherapeutin, Zazie neben der Uni in einem Jugendzentrum. Durch ihre internationale Familienherkunft - senegalischer Vater, deutsche Mutter – verkörpern sie afrodeutsche Lebenswirklichkeit.
Der dritte Protagonist von "Weiße Wolken" ist Dieos Mann Simon, ein sanfter IT-Workaholic. Zwei gemeinsame Kinder plus eines aus vorheriger Beziehung ergeben eine glückliche Familie und viel Stress. Zazie indes hat seit kurzem einen weißen Freund und weiß noch nicht, wo die Reise hingeht. Auch bezüglich einer Promotion.
Autorin Yandé Seck berichtet nun von ihren täglichen Herausforderungen, Rückschlägen und Glücksmomenten. Seck bringt hier mühelos Sichtweisen, sozio-kulturelle Hintergründe und Arbeitswelten zusammen.
Die Dialoge in "Weiße Wolken" fühlen sich auch dank Sprecherin Milena Karas ungemein echt und unerwartet an. Von Konflikt bis Zuneigung bilden sie die zwischenmenschliche Palette ab. Mit Ausstrahlung und Fingerspitzengefühl arbeitet Karas die emotionalen und intellektuellen Feinheiten des Textes gekonnt heraus.
Das drei Generationen umfassende Personal legt sie mit großen Variantenreichtum an. Ihre jugendliche, forsche Stimme verleiht einigen Figuren die nötige street credibility. Bei anderen wiederum schlägt Karas verschmitzte Untertöne oder verletzlichere Saiten an. Eine makellose Darbietung.
"Weiße Wolken" ist eine Horizonterweiterung. Lebhafte Dialoge, kurzweiliger Plot bei verblüffendem Tiefgang, starke Szenen und nicht zuletzt toll eingesprochen – Hörbuchherz was willst du mehr?
Eine Rezension von Moritz Holler
Hörbuchangaben:
Yandé Seck: Weiße Wolken
Gelesen von Milena Karas
Argon Hörbuch, 2024
Download, 8 Std. und 33 Min. Laufzeit, 20,95 Euro
Buchvorlage erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, 352 Seiten, 23 Euro.