Zigarettenverbot in Neuseeland: Auch eine Lösung für uns?

Stand: 13.12.2022, 15:11 Uhr

Neuseeland sagt der Zigarette den Kampf an. Bis 2025 will das Land als rauchfrei gelten. Hat so ein de facto Rauchverbot auch bei uns eine Chance? Was spricht dafür, was dagegen?

Von Oliver Scheel

Schlechte Karten für Raucher in Neuseeland: Die Regierung hat dort ein Gesetz beschlossen, das einem Rauchverbot für junge Menschen gleichkommt. Was hat es damit auf sich und ist es auch eine Option für Deutschland?

Was hat Neuseeland beschlossen? 

Für Menschen, die am oder nach dem 1. Januar 2009 geboren sind, wird es zeitlebens illegal sein, Zigaretten zu erwerben. Denn: Das Alter, um Zigaretten legal zu erwerben wird nun jedes Jahr um ein Jahr ansteigen. Schon jetzt gehört Neuseeland mit einem Preis von 23 Euro pro Schachtel zu den teuersten Ländern der Welt für Raucher.

Außerdem müssen Tabakkonzerne den Nikotingehalt der Zigaretten senken. Und die Zahl der Läden, in denen Zigaretten verkauft werden können, soll von heute etwa 8.000 auf 500 fallen. Neuseelands Gesundheitsministerin Ayesha Verrall hofft so, dass das Land schon 2025 mehr oder weniger nikotinfrei ist.

Bereits heute greifen nur noch acht Prozent der Bevölkerung täglich zu einer Zigarette. Ab weniger als fünf Prozent gilt ein Land als tabakfrei.

Kann das Rauchverbot auch Vorbild für Deutschland sein?

Im November 2022 sollen in Deutschland über 36 Prozent der Frauen und Männer ab 14 Jahren als Raucher gelten - so zeigt es die repräsentative Deutsche Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA).

"Von einem Zigarettenverbot in Deutschland sind wir meilenwert entfernt", sagt Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg dem WDR. "Neuseeland gehört zu den führenden Nationen, was Tabakprävention angeht. Die Regierung dort verfolgt eine Strategie und hat schon viele Maßnahmen ergriffen. Davon können wir hier nur träumen", so die Präventionsexpertin.

Immerhin gibt es eine Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040. "Das halten wir schon für ambitioniert, aber machbar. Die Tabaklobby leistet in Deutschland gute Arbeit", sagt Schaller. Hierzulande fehle einfach der politische Wille, den es in Neuseeland gibt.

Andere Länder, auch aus der EU, seien da schon weiter, etwa Irland, die Niederlande oder Finnland. "Wir wünschen uns in Deutschland ein klares politisches Bekenntnis und wir brauchen eine verbindliche Tabakpräventionsstrategie", fordert Schaller.

Was spricht für ein Zigarettenverbot?

Rauchen tötet. Laut Bundesgesundheitsministerium sterben jährlich in Deutschland mehr als 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Damit steht etwa jeder siebte Todesfall in Verbindung mit Rauchen.

Rauchen kostet. Die deutsche Krebshilfe beziffert die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Kosten des Rauchens in Deutschland auf knapp 80 Milliarden Euro pro Jahr. Demgegenüber standen im Jahr 2020 etwa 14,6 Milliarden Euro an Einnahmen durch die Tabaksteuer. Neuseeland erwartet jährliche Einsparungen im Gesundheitssystem von mehreren Milliarden Dollar, weil durch das Rauchen verursachte Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkte, Schlaganfälle und Amputationen nicht mehr behandelt werden müssten.

Rauchen verschmutzt. Zigarettenkippen sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit das häufigste Abfallprodukt. Jährlich würden 5,6 Billionen Zigaretten geraucht, bis zu zwei Drittel davon landeten achtlos in der Natur. Die meisten Filter bestehen aus Celluloseacetat. Dieser Kunststoff ist nicht biologisch abbaubar, er zerfällt nach sehr langer Zeit zu Mikroplastik. Zudem enthalten die Filter krebserregende und giftige Substanzen. Laut BUND Schleswig-Holstein bestehen über 53 Prozent des Mülls bei Müllsammelaktionen an der Ostsee aus Zigarettenstummeln.

Was spricht gegen ein Zigarettenverbot?

Wenn es um Verbote geht, kocht die deutsche Seele schnell hoch. Das weiß auch die Politik, sie scheut sich vor Verboten und setzt gern auf Freiwilligkeit.

Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) zieht den Vergleich zur Alkohol-Prohibition in den USA der 1930er Jahre. "Diese ließ einen großen Schwarzmarkt entstehen, am Ende war der Schaden größer als der Nutzer und die Prohibition wurde 1939 wieder abgeschafft, weil die Auswirkungen so drastisch waren", so Mücke im Gespräch mit dem WDR. Zehntausende Menschen seien durch schwarz gebrannten Alkohol ums Leben gekommen.

Mücke hält es für sinnvoller, mit anderen tabakfreien Produkten den Menschen ein Angebot zu machen, auf die Zigaretten zu verzichten. Dies sei besser als "stumpfe Verbote".

Klar ist, dass sich ein Zigarettenverbot auf einer Insel wie Neuseeland leichter durchsetzen lässt als in Deutschland mitten in der EU mit offenen Grenzen. Die Zahl der geschmuggelten Zigaretten könnte in die Höhe schnellen.

Über dieses Thema berichten wir heute auch im WDR-Fernsehen in der Aktuellen Stunde um 18:45 Uhr.