Man müsse die Balance zwischen Naturschutz und Weidetierschutz halten, forderte Umweltministerin Lemke am Samstag. "Abschüsse von Wölfen, die das Überwinden von höheren Zäunen gelernt haben oder sich Menschen gegenüber zu sehr nähern, sind möglich und können rechtskonform von den Ländern durchgeführt werden. Diese Möglichkeit sollte in Zukunft verstärkt genutzt werden", sagte Lemke der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Vor allem die Weidetiereverbände hatten in den vergangenen Monaten offensiv für den Abschuss von Wölfen geworben und auf die gestiegene Zahl von Wolfsrissen hingewiesen. Lemke kündigte daher auch mehr Unterstützung für Betroffene an - zum Beispiel durch bessere Ausgleichszahlungen für Landwirte und Schäfer sowie mehr Unterstützung für den Weideschutz. Sie hoffe, dass die Diskussion um den Wolf dann "sachlicher und konstruktiver" geführt werden könne.
NRW bisher gegen mehr Abschussgenehmigungen
In Nordrhein-Westfalen ist eine Kehrtwende in der Wolfspolitik bisher nicht in Sicht. Im März 2022 trat zwar die Wolfsverordnung des Landes NRW in Kraft. Diese sollte laut der damaligen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) helfen, den Umgang mit dem Wolf zu erleichtern und Konflikte zu entschärfen. Unter anderem sah die Verordnung vor, dass im äußersten Fall ein Wolf auch "entnommen", sprich: abgeschossen werden könne.
Heinen-Essers Nachfolger Oliver Krischer (Grüne) sieht das allerdings bisher nicht so und verweist auf die strengen EU-Vorgaben. Diese sicherten dem Wolf, der hierzulande knapp 200 Jahre lang als ausgestorben galt, einen umfangreichen Schutzstatus zu. Für Krischer bedeutet das, "dass ein Bestandsmanagement mit Regulierungsabschüssen von Wölfen (...) nicht zulässig ist". In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der SPD im August 2022 erklärte Krischer, er sehe "weder eine fachliche Rechtfertigung noch eine Aussicht auf Erfolg, den Schutzstatus des Wolfes in Deutschland zu ändern".
Wolfsverordnung sieht "Entnahme" ausdrücklich vor
Wolfsriss in Dorsten
In der aktuellen NRW-Wolfsverordnung heißt es, dass die oberste Naturschutzbehörde des Landes eine "Gefährdungslage" durch einen Wolf bestätigen muss. Ist die Gesundheit von Menschen gefährdet oder drohen ernste wirtschaftliche Schäden, soll im Einzelfall über eine "Entnahme" entschieden werden. Allerdings: Die oberste Naturschutzbehörde ist in diesem Fall das NRW-Umweltministerium. Das letzte Wort wird also Krischer haben.
38 Prozent von NRW ist "Wolfsgebiet"
In NRW sind inzwischen schon gut 38 Prozent der Landesfläche als Wolfsgebiete ausgewiesen. Dazu zählen die vier Regionen Schermbeck, Senne-Eggegebirge, Eifel-Hohes Venn und das Oberbergische Land jeweils mit umliegenden Pufferzonen. Allerdings ist die tatsächliche Zahl der in NRW heimischen Wölfe eher klein - vor allem im Vergleich zu den ostdeutschen Bundesländern.
Für Entschädigungen nach der "Förderrichtlinie Wolf" - etwa für Tierverluste nach Angriffen oder für Tierarztkosten - wurden zwischen 2018 und 2022 rund 3,8 Millionen Euro ausgegeben. Investitionen in vorbeugende Maßnahmen für Schafe, Ziegen und Gehegewild werden laut Ministerium zu 100 Prozent gefördert. Dazu zählt beispielsweise die Anschaffung von Elektrozäunen.