Schulen sollen auf Berufswahl vorbereiten
Aktuelle Stunde. 15.08.2023. 20:46 Min.. UT. Verfügbar bis 15.08.2025. WDR. Von Beate Becker.
Berufsvorbereitung: "Nur ein Praktikum ist zu wenig"
Stand: 15.08.2023, 18:27 Uhr
Es sind wieder mehr Menschen unter 25 Jahren arbeitslos - die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, macht dafür teilweise die Schulen verantwortlich.
Wenn es nach Andrea Nahles geht, sollten Berufsvorbereitung und Berufsorientierung von Kindern und Jugendlichen schon in den Schulen stärker thematisiert werden. Das sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit in einem Interview mit der "Rheinischen Post". Das Thema müsse verbindlich in den Lehrplänen der Länder geregelt werden. Gerade auf Gymnasien und in Förderschulen reicht laut Nahles nämlich die Berufsvorbereitung nicht aus: "Nur ein obligatorisches Praktikum ist zu wenig."
Philologenverband NRW: Mehr Unterstützung nötig
Die Berufsvorbereitung der Schulen sei allerdings weit mehr als "nur ein Praktikum", sagt Sabine Mistler, Landesvorsitzende des Philologenverbands NRW. Hinter der Berufsvorbereitung an den Schulen stecke ein gesamtes Konzept - unter anderem mit Tests, Berufsfeldtagen, Messebesuchen, Praktika und Besuche von Betrieben. Allerdings wünscht sich der Verband mehr Unterstützung und Zusammenarbeit mit Firmen und den Arbeitsagenturen. "Gerade in ländlichen Regionen haben wir Probleme, Firmen und Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen", sagt Mistler. Eine große Rolle spielen ihrer Meinung nach aber auch die Eltern.
Grundverständnisse sind wichtig
Das sieht Andrea Nahles ähnlich. Bei der Elternberatung könnte die Agentur für Arbeit helfen. Eltern hätten häufig noch veraltete Vorstellungen von Ausbildungsberufen. So sei ihnen häufig beispielsweise nicht bewusst, wie technisiert viele Ausbildungsberufe heutzutage seien. Das beobachtet auch Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft IW. Grundkenntnisse in Mathematik und im sprachlichen Kontext seien heutzutage auch in Berufen notwendig, die früher nur mit "manuellen Tätigkeiten" zu tun hatten. Insgesamt sei mehr Orientierungshilfe für alle Seiten nötig.
Appell: Bewerbt euch!
Gleichzeitig appellierte Nahles in dem Interview auch an junge Menschen, sich auch jetzt noch für einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Derzeit seien noch fast 230.000 Lehrstellen unbesetzt.
Dem gegenüber stehen 242.000 Menschen unter 25 Jahren, die arbeitslos gemeldet sind. Das sind 8 Prozent mehr als vor einem Jahr. Teilweise liege dieses Missverhältnis an den Alternativen zur Ausbildung, sagt Holger Schäfer. "Es gibt verschiedene Lebensentwürfe und die stimmen nicht immer überein mit dem, was der Arbeitsmarkt vorhält." Es gebe auch viele, die keine Ausbildung machen möchten, weil sie lieber studieren wollen, oder direkt einen Job suchen, bei dem sie sofort Geld verdienen. Das sei vor allem während der Coronapandemie häufig vorgekommen. Einige junge Leute wollten lieber direkt arbeiten, ohne eine Ausbildung abzuschließen. Diese Menschen jetzt wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sei besonders schwierig, so Schäfer.
Lehrlinge können wählen - die Betriebe weniger
Auch an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber hat Nahles eine klare Nachricht: "Nehmt auch Lehrlinge, die nicht die idealen Kandidaten sind. Wir können diese dann auch begleiten und unterstützen und die Arbeitgeber damit entlasten." Dazu sagt Holger Schäfer vom IW: "Da sind wir schon längst angekommen." Viele Betriebe bekämen viel zu wenig Bewerbungen für die Plätze, die sie anbieten. Für angehende Lehrlinge sei dies eine gute Nachricht. "Sie werden sich ihre Ausbildungsplätze in Zukunft frei aussuchen können", so Schäfer.
Doch das ist längst nicht bei allen Jugendlichen der Fall. Manche tun sich schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden. So wie Laura. Aktuell arbeitet sie übergangsweise in der Werkkiste in Duisburg - in der Küche. Dabei würde sie sich beruflich lieber mit Tieren beschäftigen, wie sie dem WDR sagt. Aber es hat bislang nicht geklappt mit einer Lehrstelle - etwa in einer Tierarztpraxis. In der Schule sei sie nicht genügend auf den Bewerbungsprozess vorbereitet worden, bemängelt Laura. Und überhaupt sei der Unterricht wenig nah am Lebensalltag gewesen. Laura hätte sich gewünscht, dass in der Schule mal über das Thema Steuern gesprochen worden wäre. "Das ist effizient und wichtig für die Zukunft", sagt sie.