Hirsch "totgefüttert": Falsches Futter ist für Wildtiere lebensgefährlich

Stand: 26.10.2022, 13:51 Uhr

Nachdem im Solinger Wildpark Hirsch "Muckie" wahrscheinlich von Besuchern falsch gefüttert wurde und daran gestorben ist, war die Bestürzung groß. Doch auch vielen anderen Wildtieren schadet das falsche Füttern.

Der Solinger Tierpark Fauna und seine Besucher trauern um den weißen Hirsch "Muckie". Das Tier wurde vermutlich von Spaziergängern mit Lebensmitteln gefüttert, die es nicht vertrug. Immer wieder wird mitgebrachtes "Futter" einfach über den Zaun geworfen. Der Hirsch wurde tot in seinem Gehege gefunden - trotz striktem Fütterverbot.

Der Tierpark vermutet sehr stark, dass der Hirsch mit Dingen gefüttert wurde, die ihm nicht bekamen: Äpfel, Möhren und Zweigen. Im Solinger Park waren schon häufig Tiere krank, weil sie falsch gefüttert wurden. Sie leiden dann unter Durchfall und Koliken. Deshalb haben die Pfleger überall Schilder aufgehängt, die erklären, was erlaubt ist und was nicht. Auch die Futtermenge ist entscheidend, sagt Tierpflegerin Linda Bunzenthal vom Tierpark Fauna.

Empfindliche Verdauung

Bei Wiederkäuern - wie bei Hirschen - passt sich der Verdauungstrakt sogar dem an, was in der Jahreszeit wächst. "Wenn man jetzt ein anderes Futter füttert, sind die Mikroben im Pansen darauf überhaupt nicht eingestellt", erklärt Dominik Fischer, Fachtierarzt im Wuppertaler Zoo. "Es kommt zu Fehlgärungen, Blähungen und Verstopfungen. Das kann so ein Hirsch dann auch mit dem Leben bezahlen." Der Park hat schon mehrere Tiere, vor allem Dammwild und Enten durch die "Wildfütterer" verloren. Kein Einzelfall. Im Lindenthaler Tierpark in Köln verendete 2018 ebenfalls ein Hirsch nach falscher Fütterung.

Futter nur aus dem Automaten

Ziegen im Tierpark Fauna in Solingen

Ziegen im Tierpark Fauna in Solingen

Weil die Menschen aber offensichtlich das Bedürfnis haben, Tiere zu füttern, arbeiten Tierpfleger in Streichelgehegen und auch im Tierpark Solingen bei manchen Tierarten mit Futterautomaten. Der Vorteil: Hier können Besucher Futter kaufen, das die Tiere auf jeden Fall vertragen. Auch gegen zu viel Futter aus dem Automaten hat der Tierpark mittlerweile Methoden entwickelt. Das mache schon deshalb Sinn, weil oft immer dieselben ranghohen Tiere vorne stehen. "Wir füllen die Automaten am Freitag auf. Wenn viel Besuch da ist und der Automat am Samstagnachmittag schon leer ist, bleibt er auch leer", erklärt Tierpflegermeister Deniz Lukaszczyk gegenüber dem WDR.

Auch Waldtiere nicht anfüttern

Und natürlich gilt das Fütterverbot auch für wilde Waldbewohner: Waldtiere kommen auch deshalb immer wieder in Siedlungen, weil sie erfolgreich Futter gefunden haben oder sogar extra angelockt werden - zum Beispiel, um sie besser beobachten oder fotografieren zu können. Diese Tiere werden dann oft zu Problemfällen. "Insbesondere Wildschweine können so große Schäden anrichten und für Menschen gefährlich werden. Doch auch angefütterte Füchse werden im Siedlungsbereich, auf Autobahnraststätten und Waldparkplätzen aus diesen Gründen immer wieder eingefangen oder geschossen", mahnt die Umweltschutzorganisation BUND.

Brot kann für Enten tödlich sein

Mama und Kleinkind füttern Enten

Auch in öffentlichen Parks oder an Gewässern kann man immer wieder Menschen beobachten, die Enten füttern. Häufig mit Essensresten oder Brot. Brot lasse den Magen aufquellen und enthalte zu viel Salz oder Zucker, erklärt die Umweltschutzorganisation WWF. Durch regelmäßiges Füttern werden die Enten außerdem zutraulich und verlieren ihre natürliche Scheu.

Auch gewöhnen sich die Tiere schnell an Futterstellen. Die Folge: Eigentlich wilde Tiere wie Enten, Gänse oder Schwäne betteln um noch mehr Futter. Ein Teufelskreis beginnt. Obwohl die Tiere in der Natur genug zu Fressen finden.

Nicht nur für die Tiere, auch für das Ökosystem kann das Füttern gefährlich sein. "Brot weicht auf, sinkt an den Gewässerboden und verfault dort. Die biologischen und chemischen Prozesse dieses Abbaus verbrauchen große Mengen Sauerstoff, der Fischen und anderen Wassertieren fehlt. Es kann dazu kommen, dass Algen stark wachsen und das Gewässer "umkippt", warnt der Naturschutzbund (Nabu) Berlin.

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