Kirchhundem: Windkraft im Wald – Ja oder Nein?

Stand: 16.09.2022, 07:12 Uhr

Die schwarz-grüne Landesregierung will Tempo beim Ausbau der Windkraft machen - auch auf geschädigten Flächen im Wald. Das kündigte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur beim WDR5 Stadtgespräch in Kirchhundem an. Die Genehmigungsverfahren sollen vereinfacht werden.

Mona Neubaur von den Grünen

Mona Neubaur

Allerdings will die Ministerin eine Potentialstudie des Landesamts für Umweltschutz (LANUV) überarbeiten lassen. Darin waren Windkraftstandorte vor allem in den ländlichen Bereichen in Nordrhein-Westfalen identifiziert worden, vor allem auf abgestorbenen Fichtenflächen. Allein in Südwestfalen wäre so Platz für mehr als 900 Windräder. Ziel ist es jetzt, im ganzen Land Gelände für neue Windräder zu finden, etwa in Industriegebieten, auf Brachflächen und an Verkehrstrassen, sagte Mona Neubaur.

Die grüne Wirtschaftsministerin verwies auf den Ukraine-Krieg und machte klar, dass für sie kein Weg am Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei führt.

"Wir merken alle, was wir davon haben, wenn wir uns abhängig machen von fossilen Energien und dadurch erpressbar sind. Was wir gemeinsam hinkriegen müssen ist, die Probleme, die da sind, nicht nur zu beschreiben, sondern die Lösungen zu entwickeln." Mona Neubaur, NRW Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie
Karl Prinz Wittgenstein

Karl Prinz Wittgenstein

"Windkraft im Wald ist für mich gelebter Natur- und Artenschutz", sagte Karl Prinz Wittgenstein, Sprecher des Landesverbands erneuerbare Energien. Er ist Geschäftsführer der Wittgenstein-Gruppe und betreibt sechs Windparks mit 16 Windrädern im Wald rund um Bad Laasphe. Gerade baut das Unternehmen seinen 7. Windpark.

Einnahmen von Windkraftanlagen in Aufforstung der Wälder investieren

Die Einnahmen, die durch neue Windräder generiert werden, könnten laut Karl Prinz Wittgenstein für die Aufforstung von kahlen Waldstücken genutzt werden. Die Angst, dass der Wald durch den Bau von Windkraftanlagen verschwindet, hält er für unbegründet.

"Wir bauen zwar Windkraft im Wald, aber es gibt immer noch Wald. Wenn wir über eine Fläche von 1.000 Hektar reden, sind davon maximal 20 Hektar Windkraftfläche." Karl Prinz Wittgenstein, Landesverband Erneuerbare Energien

Gegner befürchten Umweltschäden

Doch es gibt auch andere Meinungen. Klaudia Witte zum Beispiel hält Windräder im Wald für Industrieanlagen am falschen Ort.

"Ich würde mir wünschen, dass wir vor allen Dingen auf schon versiegelten Flächen Windkraftanlagen bauen". Die Professorin für Biologie und Ökologie weist außerdem auf die Folgen für die Natur hin, die beim Bau neuer Windkraftanlagen entstehen können. Klaudia Witte, Naturschutzbund
Blick über das Publikum Richtung Bühne

Das Stadtgespräch war gut besucht

Besonders die Fundamente der Windräder bereiten Klaudia Witte Sorgen. Denn der verwendete Beton hat einen anderen pH-Wert als der Waldboden. Dadurch könnten Organismen aus dem Gleichgewicht geraten. Durch die Rotoren seien Vögel wie der Rotmilan extrem gefährdet.

Wirtschaftsministerin Mona Neubaur wies die Kritik zurück: "Sie wissen genauso gut wie ich, dass viel mehr Vögel durch Glasfassaden und Autoverkehr ihr Leben verlieren als durch Windenergieanlagen. Und der Rotmilan hat einen wachsenden Bestand. Es geht darum, Sorge zu tragen, dass bedrohte Arten vorm Aussterben bewahrt werden - aber die Population der Rotmilane ist gerade kein gutes Beispiel dafür, dass es eine besonders schützenswerte Art ist."

Touristiker fürchten um Gäste im Sauerland

Das sich der Bau von Windrädern im Wald negativ auf die Region auswirkt, befürchtet auch die Tourismus-Branche. Eine im Juni veröffentlichte Studie der Industrie- und Handelskammer Arnsberg zeigt zwar, dass 80 Prozent der befragten Touristen im Sauerland Windkraft in Ordnung finden. Dennoch sorgt sich Jürgen Fischbach vom Sauerland-Tourismus, dass Gäste vergrault werden könnten: "Unsere Landschaft ist unser wichtigstes Pfund. Wenn mehrere Hunderttausend Gäste nicht mehr kommen, ist das ein Schlag." Deswegen müsse die Debatte um neue Standorte für Windräder verantwortungsbewusst geführt werden.

Kreis Olpe will Gesellschaft für Regenerative Energien gründen

Doch angesichts der Energiekrise wurden in der Windkraft auch Chancen gesehen. Der Kreis Olpe will deshalb eine Gesellschaft für regenerative Energien gründen und selbst Projekte auf den Weg bringen. Waldbesitzenden soll so das Risiko genommen, die Gewinne in der Region gehalten werden, erklärte Landrat Theo Melcher. "Mit jeder Windenergieanlage sind Nachteile verbunden, für das Landschaftsbild, für die Natur, diese Nachteile sind nicht ausgleichbar, aber wir können diesen Nachteilen Vorteile gegenüberstellen: Ich darf mitmachen, ich kann mit verdienen, und ich habe die Akzeptanz mit allen meinen Partnern in meiner dörflichen Gemeinschaft. Und wir sollten das Schicksal in die Hand nehmen, und die Wertschöpfung vor Ort lassen."

Stadtgespräch Kirchhunden: Wieviel Windkraft verträgt der Wald ?

WDR 5 Stadtgespräch 15.09.2022 55:51 Min. Verfügbar bis 14.09.2025 WDR 5


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