Gerry Weber beantragt Insolvenz in Eigenverwaltung

Gerry Weber in finanzieller Schieflage

Stand: 20.04.2023, 12:43 Uhr

Der Damenmode-Hersteller Gerry Weber aus Halle in Westfalen steckt rund drei Jahre nach dem erfolgreichen Abschluss seines Insolvenzverfahrens wieder in der Krise. Am Mittwoch kündigte der Konzern eine finanzielle Sanierung an.

Von Arndt Möller

Ziemlich genau 50 Jahre nach der Unternehmensgründung ist der früher so erfolgreiche Damenmodehersteller Gerry Weber erneut in die finanzielle Schieflage geraten. Dabei hatte der Konzern doch erst Anfang 2020 das letzte Insolvenzverfahren abgeschlossen.

Vor allem deutsche Filialen betroffen

Von den aktuellen Sanierungsplänen betroffen sind vor allem die 177 deutschen Filialen und Stores. Jeder Quadratmeter Fläche werde auf den Prüfstand gestellt, hieß es am Mittwoch. Im Filialnetz arbeiten allein rund 700 Menschen. Was die Sparpläne für deren Jobs bedeuten, ist noch unklar. Insgesamt hat Gerry Weber rund 2.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Als Gründe für die Finanzlage nennt das Unternehmen unter anderem die Folgen der Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen auf die Nachfrage sowie die hohe Inflation.

Gerry Weber will die Börse verlassen

Der Konzern will Schulden reduzieren und wirbt um frisches Kapital. Bei der Sanierung setzt die Gerry Weber-Gruppe auf ein in Deutschland relativ neues Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren, genannt "StaRUG". Das sei keine Insolvenz, betont eine Sprecherin des Modekonzerns.

Gravierende Folgen hätte die Sanierung trotzdem: Gerry Weber will sich von der Börse verabschieden. Zu den bisherigen Aktionären gehören Finanzinvestoren und Kleinaktionäre. Ob und wie diese abgefunden werden sollen, ist noch nicht klar. Ziel aller Maßnahmen sei es, die Finanzierung des Konzerns aus Halle bis 2026 abzusichern.

Restrukturierung des Filialnetzes

Auch wenn der Gesamt-Konzern eine Insolvenz abwenden kann, für die wichtige Tochtergesellschaft Gerry Weber Retail GmbH gilt das nicht. Zu ihr gehören alle 177 Filialen. Sie soll mit einem Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung restrukturiert werden.

Das Familienunternehmen war vor allem in den 1980er Jahren stark gewachsen und an die Börse gegangen, richtete außerdem jahrelang ein großes Tennisturnier in seiner Heimatstadt Halle aus.