Prozess um Terrorgruppe S. am Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim

Prozess um "Gruppe S": Polizei soll Falschaussagen provoziert haben

Stand: 17.11.2022, 17:44 Uhr

Beim Prozess gegen die so genannte Gruppe S. hat der wichtigste Kontaktmann der Polizei schwere Vorwürfe gegen das Landeskriminalamt Baden-Württemberg erhoben. Ermittler sollen ihn zu Falschaussagen aufgefordert haben.

Von Thomas Wöstmann

Um besseres Beweismaterial zu erhalten, drängten ihn die Ermittler zu Falschaussagen, schilderte Paul U. heute am Oberlandesgericht Stuttgart. Zwölf Männern, davon drei aus Nordrhein-Westfalen, wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben.

Über Monate hatte der Informant 2019 das LKA auf dem Laufenden gehalten – vielfach wurde er vernommen. Wenn die Kameras ausgeschaltet waren, sollen ihn dann Beamte aufgefordert haben: er möge bestimmte Aussagen machen oder andere Dinge weglassen. Außerdem seien ihm Versprechungen über eine milde Strafe und über ein Zeugenschutzprogramm gemacht worden.

LKA inszeniert Kontrolle im Bahnhof

Inzwischen steht auch fest, dass das Landeskriminalamt 2019 eine Kontrolle der Bahnpolizei inszeniert hatte, bei der bei U. eine illegale Waffe gefunden worden war; nach Ansicht von Verteidigern "ein Druckmittel, damit U. weiter Informationen liefert".

Anderthalb Jahre lang hatte U. vor Gericht nicht über sein Verhältnis zur Polizei gesprochen. Jetzt brach er sein Schweigen. Er gilt als die Schlüsselfigur des gesamten Verfahrens. Vor allem auf seine Aussagen stützt sich die Anklageschrift der Bundesanwaltschaft.

Über das Thema berichtete der WDR am 17.11.2022 in der Lokalzeit auf WDR2.