Undatierte Handout der Polizei: Zwei Sicherheitsleute, die in der ehemaligen Siegerland-Kaserne in Burbach einen am Boden liegenden Flüchtling misshandeln

Letztes Verfahren im Burbachprozess um misshandelte Flüchtlinge

Stand: 17.09.2024, 14:40 Uhr

Im Prozess um misshandelte Flüchtlinge in der ehemaligen Unterkunft in Burbach im Siegerland steht ab heute der letzte Wachmann vor Gericht. Ihm werden Körperverletzung und Freiheitsberaubung in 18 Fällen vorgeworfen.

Von Gaby Rosenkranz

Der Angeklagte soll unter anderem einen Flüchtling mit einem Schlagstock und Pfefferspray misshandelt und ihn dann tagelang im sogenannten Problemzimmer eingesperrt haben.

Er ist auch derjenige, der auf dem Foto zu sehen ist, das um die Welt ging und selbst in der New York Times veröffentlicht wurde. Darauf rammt er einem auf dem Boden liegenden Flüchtling seinen Stiefel in den Nacken. Durch dieses Foto und ein Video wurde der Skandal um misshandelte Flüchtlinge in der Burbacher Unterkunft 2014 bekannt.

Wachmann einer Flüchtlingsunterkunft wegen Misshandlungen angeklagt

WDR Studios NRW 17.09.2024 00:47 Min. Verfügbar bis 17.09.2026 WDR Online


Mit 38 Angeklagten einer der größten Prozesse

Nach gut vier Jahren Ermittlungen begann Anfang November 2018 der Prozess gegen 38 Personen, darunter Wachleute und Sozialbetreuer. Die Anklage umfasste mehr als 30.000 Blatt Akten. Es war einer der größten Prozesse in Deutschland.

14 Urteile sind bisher gefallen, darunter drei Haftstrafen, alle auf Bewährung. Die höchste, mit einem Jahr und drei Monaten, bekam der ehemalige Leiter der Unterkunft wegen Freiheitsberaubung in 33 Fällen. Der Rest sind Geldstrafen, sechs Freisprüche und drei Einstellungen.

Verurteilungen schwierig – Flüchtlinge waren weg

Die Beweisaufnahme war und ist auch in diesem letzten Verfahren schwierig. Viele Bewohner, die als Zeugen aussagen könnten sind nicht mehr auffindbar, einige ins Ausland verschwunden.

"Wenn ich zum Beispiel Personen habe, die sich ins Ausland abgesetzt haben und die auch gegenüber den Medien erklärt haben, sie möchten nie wieder nach Deutschland, sie wollen mit diesem Verfahren nichts mehr zu tun haben, wir als Staatsanwaltschaft, auch das Gericht, wir haben keine Möglichkeit zu sagen, wir fliegen eben mal in ein anderes Land, fesseln den Zeugen, den wir brauchen, nehmen ihn mit ins Flugzeug und fliegen wieder zurück nach Deutschland." Christian Kuhli, Staatsanwalt über das schwierige Verfahren

Ermittlungsteams seien durch ganz Deutschland gereist, um Zeugen zu finden und das täten sie bis heute. 30 bis 40 Bewohner waren am Ende in der Hauptverhandlung, von denen sich viele nicht mehr erinnern konnten.

Land NRW verschärfte Einstellungsmaßnahmen

Die Ursachen für die Missstände lagen offenbar darin, dass die doppelte Anzahl von Flüchtlingen in Burbach aufgenommen worden ist und es viel zu wenig Wachpersonal gab.

Der Prozess hatte dazu geführt, dass sich die Qualitätsstandards und die Kontrollen bei Aufnahmeeinrichtungen erheblich verbessert haben. Das Land NRW hatte bereits im Laufe des Burbachprozesses die Einstellungsbedingungen für Wachleute zum Beispiel drastisch verschärft. Personal soll besser vorbereitet werden und qualifizierter sein. Nicht so, wie in Burbach, wo ein Koch als Sozialbetreuer eingestellt wurde, nur, weil er eine der Sprachen konnte.

Für den letzten Angeklagten hat das Siegener Landgericht drei Verhandlungstage anberaumt. Am 26. September soll ein Urteil fallen.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Staatsanwaltschaft Siegen