Eine Erzieherung läuft mit zwei Kindern über den Flur einer Kita

Studie: Kita-Beschäftigte sind sehr häufig krank

Stand: 20.08.2024, 06:00 Uhr

Laut Bertelsmann-Stiftung waren 2023 Kita-Mitarbeitende deutlich häufiger krank als Beschäftigte in anderen Berufen.

Hoher Lärmpegel, ständig aufmerksam und ansprechbar sein - und nebenbei den Kindern auch noch etwas beibringen.

Der Job in der Bielefelder Kindertagesstätte "Leuchtturm" ist für Erzieherin Stephanie Paus zwar eine Herzensangelegenheit, aber wenn sie nach einem Arbeitstag nach Hause kommt, braucht sie erst einmal eines:

"Ich brauche erst einmal Ruhe. Am liebsten möchte ich auch nicht angesprochen werden. Ich brauche erstmal so eine halbe Stunde, in der ich den Tag Revue passieren lasse." Denn ein Tag sieht nicht selten so aus: "Mit 26 Kindern in der Straßenbahn fahren, dann ist man vor Ort, macht irgendwas. Dann kommt man irgendwann zurück in die Kita und hat dann noch den ganzen Nachmittag."

Studie: Kita-Beschäftigte sind sehr häufig krank

WDR Studios NRW 20.08.2024 00:52 Min. Verfügbar bis 20.08.2026 WDR Online


Studie: Kita-Mitarbeitende durchschnittlich 30 Tage krank

Nicht nur Stress bringt die 43-Jährige von der Arbeit mit nach Hause. Auch Krankheiten schleppt sie immer wieder an. Eine Studie der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung hat nun ergeben: 2023 waren Beschäftigte in der Kinderbetreuung und -erziehung durchschnittlich an knapp 30 Tagen krank geschrieben. Beschäftigte aus anderen Berufsgruppen waren nur rund 20 Tagen krank.

Die Daten stammen von allen Mitgliedern der DAK und beziehen sich auf die Jahre von 2020 bis 2023. Die Studie geht davon aus, dass die Fehlzeiten sogar noch höher liegen müssen. Denn die DAK erhebt nur die Krankentage, die ein Arzt oder eine Ärztin bescheinigt hat. Fehlzeiten, die keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen - mit einer Dauer von einem bis zu drei Tagen - werden damit nicht mitgezählt.

Kitas stecken in Teufelskreis fest

Krankheitsbedingte Ausfälle werden für die Kitas mehr und mehr zum Problem, erklärt die Expertin für frühkindliche Bildung der Bertelsmann Stiftung Anette Stein: "Mehr Kollegen und Kolleginnen fehlen. Dadurch steigt wiederum die Belastung derer, die noch arbeiten und dadurch werden noch mehr krank. Das ist wirklich ein Teufelskreis." An eine gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung sei vielerorts nicht mehr zu denken.

Kita-Start in NRW: Zu wenig Plätze, zu wenig Personal

WDR 5 Mittagsecho 01.08.2024 11:53 Min. Verfügbar bis 01.08.2025 WDR 5


Download

Seit Corona hat sich das Problem verschärft

Seit Corona hat sich diese Dynamik noch einmal massiv verstärkt. Zwischen 2021 und 2023 sind die Tage, an denen Kita-Mitarbeitende nicht arbeiten konnten, um rund 26 Prozent gestiegen. Der häufigste Grund dafür waren Atemwegserkrankungen, an zweiter Stelle jedoch kommen psychische Erkrankungen. Das alarmiert die Forschenden besonders und dürfte ihrer Ansicht nach auch mit der Personalnot zusammenhängen.

"Fachkräfte selber sagen: Wenn der Personalschlüssel nicht ausreicht, um individuell Kinder fördern zu können, stellt das für sie eine sehr große Belastung dar", erklärt Anette Stein. Erzieherin Stephanie Paus stimmt zu, sie arbeitet bewusst in Teilzeit: "Wenn du halt ganz oft diese Situationen hast, in denen du dich überfordert fühlst; wenn nicht genug Personal da ist, um alle Bedürfnisse der Kinder zu decken, dann ist das sehr herausfordernd."

Es fehlen 100.000 Vertretungskräfte

Nach Rechnungen der Bertelsmann Stiftung wäre 2023 deutschlandweit rund 100.000 zusätzliche Vertretungskräfte notwendig gewesen, was rund 5,8 Milliarden Euro Personalkosten zusätzlich hieße. Der Bund müsse die Kommunen und Länder darin dauerhaft unterstützt. Es brauche eine echte Entlastung für das Kita-Personal.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Bertelsmann Stiftung

Kitas haben große Probleme

WDR 5 Westblick - aktuell 12.08.2024 01:21 Min. Verfügbar bis 12.08.2025 WDR 5


Download