Tipps von der Expertin: So sollten Frauen ihr Gehalt verhandeln
Stand: 16.02.2023, 20:36 Uhr
Das Bundesarbeitsgericht hat Frauen den Rücken gestärkt: Arbeitgeber dürfen ein höheres Gehalt von Männern bei gleicher Arbeit nicht mit deren besseren Verhandlungsgeschick begründen. Fünf Tipps, wie Frauen in Sachen Gehaltsverhandlungen vorgehen sollten.
"Der Kollege hat halt besser verhandelt": Immer noch kommt es vor, dass in einem Unternehmen ein Mann mehr verdient als seine Kollegin – obwohl sie exakt die gleiche Arbeit macht wie er. Das trieft vor Ungerechtigkeit und bringt die meisten Frauen auf die Palme. In Erfurt ist am Donnerstag vor dem Bundesarbeitsgericht ein Urteil gefallen, das für mehr Gerechtigkeit sorgen könnte. Geklagt hatte eine Dresdnerin.
Zum Hintergrund: Die 44-Jährige hat den gleichen Vertriebsjob bei einer sächsischen Metallfirma wie ihr zwei Monate vor ihr eingestellter Kollege. Der Unterschied: Er bekommt deutlich mehr Gehalt als sie. Als sie den Arbeitgeber darauf anspricht, verweist er darauf, dass der Mann eben geschickter verhandelt habe. Dagegen klagte die Vertrieblerin. Mit Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass Arbeitgeber Verdienstunterschiede von Frauen und Männern nicht mit unterschiedlichem Verhandlungsgeschick begründen können – dies sei diskriminierend. Die Richter sprachen der Dresdnerin eine Gehaltsnachzahlung von 14.500 Euro zu und eine Entschädigung von 2.000 Euro.
So weit, so gut. Aber Tatsache bleibt: Der Mann hatte bei seiner Einstellung besser verhandelt. Warum ist das der Frau nicht gelungen?
Rhetorik macht den Unterschied - kein hätte, würde, sollte
"Frauen legen bei solchen Gesprächen häufig eine andere Rhetorik an den Tag als Männer", sagt Cindy Mergener, Finanzexpertin von finmarie, einer Finanzplattform für Frauen in Berlin, dem WDR. Häufig sei die Sprache von Frauen durchsetzt von Floskeln wie "vielleicht", "ich weiß nicht genau" oder "ich denke". Dieses "würden, hätten, wollen" führe oft dazu, dass Frauen weniger ernst genommen werden als Männer, obwohl die Kompetenzen und Fähigkeiten auf dem Papier genau die gleichen sind.
Studien belegten, dass Männer einen anderen Sprachstil pflegten, wodurch beim Gegenüber das Gefühl ausgelöst wird, dass man ihm mehr Kompetenzen zutraut. Allerdings ist es auch nicht damit getan, dass Frauen einfach den gleichen Sprachstil wie Männer bei Gehaltsverhandlungen übernehmen sollten. "Tun sie es doch, werden sie häufig als arrogant und aggressiv wahrgenommen", so Mergener. Da gebe es auch Forschung zu.
Häufige Fehler, wenn Frauen ums Gehalt pokern sind Fachleuten zufolge eine falsche Bescheidenheit, ein fehlendes Selbstbewusstsein sowie fehlendes Wissen über den eigenen Marktwert.
5 Tipps: So können Frauen mehr Geld raushandeln
- Tipp 1: Die Rhetorik lernen - versuchen Sie, die richtige Sprache zu wählen ohne zu viele Weichmacher drin zu haben. Bringen Sie Ihr Selbst rüber, ohne arrogant oder burschikos zu wirken. "Das ist eine Herausforderung", räumt Mergener ein.
- Tipp 2: Definieren Sie vor dem Gespräch: Was ist eigentlich mein Zielgehalt und was ist die akzeptable Untergrenze, worunter ich mich nicht drücken lasse. Dabei auch die Berufserfahrung, die Ausbildung und Spezialisierung in die Waagschale werfen. Und auch mal Gehälter recherchieren. Das geht beispielsweise über Kolleginnen in ähnlichen Positionen oder über Jobportale.
- Tipp 3: Wenn Sie im Verhandlungsgespräch Ihre Gehaltsvorstellung nennen und Ihr gegenüber quittiert dies erst einmal mit einem längeren Schweigen: Unbedingt dieses Schweigen aushalten. Nicht einlenken nach dem Motto "oh, ich glaube, das war zu hoch" und dann ein niedrigeres Gehalt nennen.
- Tipp 4: Drängen Sie auf schriftliche Zielvereinbarungen bei Gehaltsverhandlungen. Es sollte festgehalten sein, welche Ziele erreicht sein müssen, damit der nächste Gehaltssprung kommt. Dabei sind Ziele zu nennen, die realistisch erreichbar sind. Zum Beispiel, nach der Probezeit habe ich den nächsten Gehaltssprung, wenn ich dieses oder jenes Ziel erreiche.
- Tipp 5:Üben, üben üben! Mit dem Partner oder etwa mit der Freundin. Viele hätten eine Hemmschwelle, die es gelte zu überwinden. "Übung macht bekanntlich die Meisterin."