Wie sicher sind die Weihnachtsmärkte in NRW?

Aktuelle Stunde 30.11.2023 UT Verfügbar bis 30.11.2025 WDR Von Raphael Markert

Terrorpläne aufgedeckt: Gelassenheit trotz angespannter Sicherheitslage?

Stand: 30.11.2023, 15:19 Uhr

Der geplante Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in NRW zeigt: Islamistischer Terror ist ein Problem. Experten warnen zwar, aber sie warnen auch vor Verunsicherung.

Von Christian Wolf

Kurz vor dem 1. Advent sorgen die Terrorpläne zweier Jugendlicher für Aufsehen. Anfang Dezember wollten sie Besucher auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen mit einem Kleinlaster töten und dabei auch eine Explosion erzeugen. Schon seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 ist klar, dass solche Orte ein Ziel von Terroristen sein können. Zurzeit wird so konkret vor terroristischen Anschlägen gewarnt wie lange nicht mehr. Auf was müssen wir uns also einstellen?

Hört man den Verantwortlichen in Politik und Sicherheitsbehörden genau zu, ist die Gefahr im Moment offenbar groß. So warnt zum Beispiel Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ganz aktuell vor Anschlägen. "Islamistische Terrororganisationen, aber auch islamistische Einzeltäter sind eine jederzeit bestehende, erhebliche Gefahr", sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Der Krieg im Nahen Osten habe unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheitslage. Die Gefahr einer weiteren Radikalisierung von islamistischen Gewalttätern sei "hoch". Die Behörden seien "in den letzten Wochen so konsequent gegen die islamistische Szene vorgegangen, weil wir die veränderte Bedrohungslage genau im Blick haben", so die Ministerin.

Am Mittwoch hatte bereits das Bundesamt für Verfassungsschutz angesichts des Kriegs im Nahen Osten vor der akuten Gefahr islamistischer Anschläge gewarnt. "Die Gefahr ist real und so hoch wie seit langem nicht mehr", erklärte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang. Das Anschlagsrisiko habe "eine neue Qualität" erreicht.

Terrorismusexperte: Verschiedene Gruppen nutzen weltpolitische Lage

Doch woher kommt das? "Es hat sehr, sehr viel mit dem Krieg in Israel und dem Gazastreifen zu tun. Das ist ein weltpolitisches Ereignis, das viele terroristische Gruppen auf eine gewisse Weise inspiriert", erklärte der ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt am Donnerstag im WDR-Interview. Dabei gehe es nicht nur um die Hamas, sondern auch um andere Gruppen wie Al-Kaida oder den "Islamischen Staat".

"Das sind zwei Gruppen, die mit der Hamas eigentlich ideologisch gar nicht so furchtbar viel am Hut haben. Aber diese Gesamtsituation, dass ein Krieg gegen Israel stattfindet und Israel und die Juden der große Feind islamistischer Terroristen sind, führt dazu, dass die Anhängerschaft auch dieser anderen Gruppen sehr inspiriert ist auf eine zynische Weise." Zudem sähen sie eine "Chance", die weltweite Aufmerksamkeit in ihre Richtung zu lenken.

Und was ist die Konsequenz daraus? Der Terrorismusexperte plädiert dafür, trotzdem ein Stück weit gelassen zu sein. "Ich glaube nicht, dass es uns großartig weiterbringt, diese Diskussionen immer so quasi angsterfüllt zu führen." Denn genau das sei das Ziel der Terroristen. "Sie wollen genau dieses Gefühl der Verunsicherung erzeugen, um unsere Gesellschaft zu verändern." Deshalb Schmidts Rat: "Ich glaube, dass ein bisschen Gelassenheit und Vertrauen in die Sicherheitsbehörden an dieser Stelle ein relativ gutes Rezept gegen Terrorangst ist."

Reul: Keine Angst, auf Weihnachtsmärkte zu gehen

Herbert Reul

NRW-Innenminister Herbert Reul

Genau dafür plädiert auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Zwar sagte auch er am Mittwoch: "Es gibt eine abstrakt hohe Gefahr auch von islamistischem Terror. Das haben wir immer gesagt." Die Ereignisse im Nahen Osten führten zudem zu einer weiteren "Beunruhigung der Lage". Aber: "Trotzdem muss man nicht Angst haben, auf Weihnachtsmärkte zu gehen. Die Sicherheitsbehörden sind schon so weit wie möglich wach, gut vernetzt und tauschen schnell Informationen aus."

Die Gewerkschaft der Polizei in NRW fordert trotzdem "schnelle Maßnahmen". So hieß es am Donnerstag: "Mehr Personal, bessere Technik, Gesetzesänderungen und finanzielle Unterstützung sind dringend notwendig." Die Kölner Polizei versichert: "Wir sind sehr wachsam, stehen im ständigen Austausch mit den Sicherheitsbehörden in Land und Bund und tun alles, um die Bevölkerung zu schützen."

Und wie reagieren die Weihnachtsmärkte vor Ort? In Köln sind die Organisatoren nun noch einmal zusätzlich sensibilisiert und achten verschärft auf die Sicherheitslage. "Das haben wir intern nochmal besprochen. Es gibt ja so etwas wie Pläne auch für solche Situationen, dass unsere Mitarbeiter und Security darauf achten, ob ihnen etwas auffällt", sagte eine Veranstalterin dem WDR. Sie machte aber auch klar: "Ich stehe hier mit einem guten Gefühl."

Unsere Quellen:

  • Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf
  • Redaktionsnetzwerk Deutschland
  • Nachrichtenagentur dpa
  • WDR5 Morgenecho