"Mr. WDR" - 44 Jahre lang prägte Fritz Pleitgen den Sender

Stand: 16.09.2022, 15:28 Uhr

Teil 3/3 - Lesen Sie im dritten Teil weiter: "Rastlos im Ruhestand"

Von Marion Kretz-Mangold

Kleine Fluchten aus dem "Aktenfresser“-Alltag

Dass er zum "Aktenfresser" geworden ist, nimmt er hin, denn das ist Teil des Jobs. An einem lässt er aber keinen Zweifel: "Ich fühle mich im Herzen immer noch als Reporter".

Er moderiert den "Presseclub" und er dreht Dokus – in der ehemaligen DDR, im Kaukasus, in den amerikanischen Rocky Mountains. Drehorte suchen, Ausrüstung schleppen, an langen Abenden viele Anekdoten erzählen: für Pleitgen ein Traum.

Abschied, aber kein Ruhestand

"Es waren 16.160 tolle Tage", verabschiedet sich Fritz Pleitgen nach 44 Jahren beim WDR. Aber einfach einen Gang runterschalten? Bei Pleitgen, der jahrelang eine 70-Stunden-Woche gestemmt hat und morgens vor Dienstbeginn 16 Kilometer im Höchsttempo durch die Landschaft geradelt ist, mehr als ein Dutzend Ehrenämter und die Aufsicht über die europäischen Sender hat, kaum vorstellbar.

Natürlich hat er seiner Frau versprochen, endlich kürzerzutreten, "ein oder zwei Filme im Jahr zu machen und ein schönes Buch dazu". Da sind auch die vier Kinder und Enkel, auf die er sich freut. Stattdessen wird er wieder Chef - diesmal beim Groß-Event "Kulturhauptstadt Ruhr.2010". Für den BVB-Fan ist es ein "patriotischer Akt" und eine Herzensangelegenheit, dass "das Ruhrgebiet auf die Weltkarte gebracht wird".

Umso tiefer trifft ihn die Loveparade-Katastrophe, die sich wie ein "schwerer Schatten" auf das Fest legt. Dass er die moralische Verantwortung dafür übernimmt, wird ihm hoch angerechnet.

Ein rastloser Rentner

"Rastlos-gelassen" heißt der Film, den der WDR zu seinem Abschied dreht. Rastlos bleibt er, reist viel und interviewt fast nebenbei Promis wie Fußball-Trainer Jürgen Klopp in Liverpool. Und er engagiert sich - zum Beispiel für syrische Flüchtlinge.

"In seinen 70 Lebensjahren hat er wohl mehr erlebt und bewegt, als viele andere in doppelter Zeit bewerkstelligt hätten", schreibt seine Nachfolgerin Monika Piel zum runden Geburtstag im Jahr 2008.

Pleitgen, der von 2011 bis 2021 Präsident der Deutschen Krebshilfe wurde, erkrankte 2020 an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Jetzt ist der "Großjournalist" im Alter von 84 Jahren gestorben.