Wenn Radfahren für Kinder zum "Luxus" wird
Aktuelle Stunde. 25.07.2023. 18:02 Min.. UT. Verfügbar bis 25.07.2025. WDR. Von Lucie Jäckels.
Immer weniger Kinder lernen Radfahren - Tipps für den Start
Stand: 25.07.2023, 12:15 Uhr
Immer mehr Kinder können nicht Radfahren oder sie lernen es erst wesentlich später als früher. Eine Ursache dafür ist, dass ihre Eltern sie zu sehr behüten. Tipps, wie Sie mit dem Nachwuchs üben können.
Kindern fällt es offenbar immer schwerer, das Radfahren zu lernen. Die Folge: Viele Kinder lernen es entweder gar nicht oder viel später als noch vor einigen Jahren, wie der WDR von Lehrern und Verkehrstrainern erfahren hat. Auch der ehemalige Polizist Werner Blanke, Vorsitzender des ADFC Dortmund, macht diese Erfahrung immer wieder, wenn er Fahrradtrainings für Kinder gibt.
"Die Kinder, die früher bremsen konnten, zeitgleich gucken konnten, ausweichen konnten, reagieren konnten, sind deutlich weniger geworden", sagt er. "Oftmals fangen sie auch erst später mit diesen Mehrfachhandlungen an."
Zahl der Kinder mit motorischen Problemen nimmt zu
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch aktuelle Studien. Unter anderem untersuchte die Krankenkasse Barmer die sprachlichen und motorischen Fähigkeiten von Kindern in Bayern. Danach stieg die Zahl der Sechs- bis Zwölfjährigen, die Probleme mit der motorischen Koordination haben.
Auch die Landesverkehrswacht in Niedersachsen beobachtet, dass immer weniger Schulkinder Radfahren können und betont, dass dieser Trend sich auch bundesweit zeige. Als einen der Hauptgründe für das Defizit identifiziert die Verkehrswacht die mangelnde Bewegung der Kinder.
Ängstliche Eltern verhindern, dass ihre Kinder Radfahren lernen
Werner Blanke vom ADFC sieht noch einen anderen Grund dafür. "Kinder haben früher insbesondere über Nicht-Können gelernt. Das heißt, sie sind gestürzt." Das sei heute aber gar nicht mehr möglich, weil Eltern Angst davor hätten, dass sich die Kleinen dabei verletzten. Das führe dazu, dass die Kinder erst gar nicht übten.
Wann Kinder Radfahren lernten, hängt für Blanke auch damit zusammen, ob es sich bei ihren Eltern um sogenannte "Helikopter-Eltern" handelt. "Ich beobachte Kinder in Elternhäusern, wo sie einfach auf die Straße rausgelassen werden, die lernen nach wie vor das Fahrradfahren unter Freunden", sagt der ehemalige Polizist.
Natürlich könnten Kinder auch mit der Hilfe ihrer Eltern das Radfahren lernen. Dafür hat Blanke ein paar Tipps:
Laufrad statt Stützräder
Kinder, die Laufrad fahren können, lernen leichter Radfahren.
Statt die Kinder auf einem Fahrrad mit Stützrädern üben zu lassen, sollten Eltern die Kleinen lieber schon früh auf ein Laufrad setzen. Das Problem bei Stützrädern ist laut ADFC, dass sich die Kinder eine falsche Kurvenfahrhaltung angewöhnen: "Sie verlagern ihr Gewicht nach außen statt nach innen."
Laufräder hingegen unterstützten die kindgerechte Laufbewegung und schulen das Gleichgewicht - was dann beim richtigen Radfahren von Vorteil ist.
Gleichgewicht auch abseits des Rads trainieren
Um Fahrradfahren zu lernen, ist es wichtig, ein gutes Gleichgewicht zu haben. Das können Kinder laut Werner Blanke auch ohne Fahrrad üben, zum Beispiel wenn sie auf einem Bein balancieren. "30 Sekunden auf einem Bein zu stehen ist eine Sache, die man können muss, um Fahrradfahren zu lernen."
Nicht das Fahrrad stützen
Ein Fehler, den Werner Blanke immer wieder beobachtet, wenn Eltern mit ihren Kindern das Radfahren üben, ist, dass sie das Fahrrad stützen. Dann stabilisieren die Erwachsenen das Rad, indem sie es am Lenker, am Gepäckträger oder am Sattel greifen. "Man muss das Kind zwischen den Schulterblättern anfassen", sagt Blanke. So trage man dazu bei, dass das Kind selbst das Gleichgewicht halte.
Loben und stärken
Mit das wichtigste ist aber, dass die Kinder immer wieder im Lernprozess bestärkt werden. Also nicht das Loben vergessen, wann immer die Kinder wieder Fortschritte auf dem Rad gemacht haben - egal wie klein diese seien.