In 18 von 47 Kreispolizeibehörden in NRW gibt es inzwischen Taser – offiziell: Distanz-Elektro-Impulsgerät (DEIG). Die Elektroschock-Pistole war erst 2021 als Einsatzmittel in einigen Polizeibehörden eingeführt worden.
Aber wann darf die Polizei überhaupt einen Taser ziehen? Das Land NRW hatte dies ursprünglich unter Verschluss halten wollen, ihr Argument: Eine Offenlegung könnte die Einsatztaktik der Polizei und damit die öffentliche Sicherheit gefährden.
Doch mit dieser Position hat sich das Land nicht durchsetzen können. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht gab im vergangenen August der Klage eines 22-Jährigen aus Baden-Württemberg statt, der mit Unterstützung des Vereins "Frag den Staat" mit Bezug auf das Informationsfreiheitsgesetz auf Freigabe der Taser-Vorschriften geklagt hatte (Az.: 29 K 5628/21). Daraufhin musste das Land die Vorschriften für den Taser veröffentlichen.
Wann werden Taser eingesetzt?
Mit einem Taser soll die Polizei die Möglichkeit haben, einen Angreifer aus kurzer Distanz außer Gefecht zu setzen, ohne das Risiko einer tödlichen Verletzung einzugehen. Generell soll der Taser nur in statischen Lagen gebraucht werden – und zwar, wenn ein Unruhestifter still steht, aber zum Widerstand entschlossen ist.
Was sollen Taser konkret bewirken?
Der Polizist oder die Polizistin richtet den Taser auf den Unruhestifter und schießt aus einer Entfernung von zwei bis fünf Metern mit Draht verbundene Pfeile ab. Der Pfeil dringt einen Zentimeter tief in die Haut. Dort gibt er einen Stromimpuls ab. Das wirkt sich auf Nerven und Muskeln aus und bewirkt für die Dauer von Sekunden völlige Handlungsunfähigkeit.
Gab es bereits Todesfälle in NRW?
Erst in der Nacht zu Sonntag war ein 26-jähriger Guineer nach einem Polizeieinsatz in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Mülheim an der Ruhr gestorben. Der Mann soll randaliert und dabei Bewohner und Mitarbeiter attackiert haben. Die Polizei setzte zweimal einen Taser gegen den 26-Jährigen ein. Während seiner Behandlung im Rettungswagen verlor er das Bewusstsein und starb später im Krankenhaus.
Im August 2022 war der aus dem Senegal stammende 16-jährige Flüchtling Mouhamed Dramé von der Polizei bei einem Einsatz zunächst mit Taser-Stromstößen beschossen worden, bevor keine Sekunde später fünf Schüsse aus einer Maschinenpistole fielen. Der Jugendliche starb. Dafür müssen sich seit Mitte Dezember fünf Polizisten vor dem Landgericht Dortmund verantworten. Laut Anklage sei Dramé "zu keinem Moment aufgefordert worden, das Messer abzulegen".
In Köln hatte die Polizei im vergangenen November einen Mann mit einem Taser überwältigt - einige Stunden später starb er.
Was sagen Kritiker?
Zu den Kritikern gehört etwa die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Deutschland. Aus deren Sicht kann der Einsatz von Tasern Menschen schwer verletzen oder sogar töten, besonders, wenn Betroffene Vorerkrankungen haben, psychisch stark belastet sind oder Drogen konsumieren. Die Risiken, die von Tasern ausgehen, würden regelmäßig unterschätzt. Dadurch sei die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Missbrauch kommen könnte, hoch.
Amnesty International findet es zudem problematisch, dass für den Einsatz von Tasern keine spezielle Ausbildung nötig sei. Auch sei per Gesetz keine ärztliche oder forensische Untersuchung getaserter Personen vorgesehen.
Wie sieht NRW-Innenminister Herbert Reul das?
Innenminister Herbert Reul hält an den Tasern fest
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und die Polizei-Gewerkschaften betonen immer wieder die deeskalierende Wirkung der Geräte. Laut Innenministerium haben Polizisten in NRW im vergangenen Jahr - von Januar bis Anfang Dezember - 1.245 Mal einen Taser gezogen. In den allermeisten Fällen habe die Drohung gereicht, den Taser auszulösen. Wirklich geschossen wurde demnach nur in jedem fünften Fall.
Wie geht es weiter mit dem Taser?
Die Taser sind politisch umstritten - auch zwischen den Regierungsfraktionen von CDU und Grünen in NRW. Bei den Koalitionsverhandlungen einigte man sich darauf, die Taser bis 2024 erst mal weiter zu testen. Das Thema dürfte also auf der politischen Agenda stehen.
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR Fernsehen am 07.01.2024 in der Aktuellen Stunde.
Unsere Quellen:
- polizei.nrw
- Nachrichtenagentur dpa