Kanzler Scholz zum Krieg in der Ukraine: "Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln"
Stand: 02.03.2023, 15:10 Uhr
Bundeskanzler Scholz hat seinen Kurs im Ukraine-Krieg ein Jahr nach seiner "Zeitenwende"-Rede bekräftigt. Deutschland, EU und Nato stünden fest zur Ukraine. Zudem warnte er China, Russland mit Waffen zu beliefern.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Forderungen nach Friedensverhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Absage erteilt: Putin sei nicht bereit, über einen gerechten Frieden zu sprechen. "Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln - außer über die eigene Unterwerfung", sagte Scholz am Donnerstag bei seiner Regierungserklärung gut ein Jahr nach seiner "Zeitenwende"-Rede.
Damals hatte Scholz in einer Sondersitzung des Bundestags ein 100-Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr ankündigt. Nun bekräftigte er seinen Kurs: Es werde keinen Friedensschluss über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben. "Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn. Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine".
"Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland"
Gleichzeitig warnte der Kanzler China: "Nutzen Sie Ihren Einfluss in Moskau, um auf den Rückzug russischer Truppen zu drängen. Und liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland." Zwar lobte der Kanzler, dass sich Präsident Xi Jinping "gegen jede Drohung mit Atomwaffen" gestellt habe. Aber es sei "enttäuschend", dass Peking beim jüngsten Treffen der G20-Finanzminister in Indien nicht mehr zu einer "klaren Verurteilung des russischen Angriffs bereit gewesen sei."
Deutschland stehe weiter fest an der Seite der Ukraine: "Entschlossen, abgewogen, eng abgestimmt mit unseren Freunden und Partnern", sagte Scholz und kündigte an, das 2-Prozent-Ziel der Nato bei den Verteidigungsausgaben dauerhaft zu erreichen. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt.
Merz wirft Scholz fehlendes Tempo bei Bundeswehrausbau vor
Kritik am Tempo des Bundeswehrausbaus kam von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU). Vom 100-Milliarden-Euro-Sondertopf seien erst 600 Millionen ausgegeben. "Was ist eigentlich im zweiten Halbjahr 2022 geschehen, dass diese Zusagen, die sie gegeben haben, auch umgesetzt werden?"
Man werde "Jahre, wenn nicht Jahrzehnte" Sicherheit in Europa nicht mehr mit, sondern gegen Russland organisieren müssen. «Und dazu, Herr Bundeskanzler, müssen Entscheidungen getroffen werden und nicht nur Regierungserklärungen abgegeben werden."
Bundeswehrverbands-Vorsitzender warnt vor "Dekade an Bedrohungen"
Vor der Rede des Bundeskanzlers hatte bereits André Wüstner Kritik geäußert. Im WDR5-Morgeneecho forderte der Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes (DBwV), dass nun "schnell die Rüstungskapazitäten erhöht, die Produktionszahlen erhöht und schneller beschafft wird. Da ist zu wenig passiert."
Es gehe dabei auch um ein Signal an Putin, dass er nicht so weiter machen könne wie in der Ukraine: "Alle Experten sagen: Wenn er da Erfolg hat, wird er weitermachen", sagte Wüstner und sprach "mit Blick auf die Informationen der Geheimdienste" von einer "Dekade an Bedrohungen".
Niemand wisse, "wie sich China in den nächsten Monaten wirklich positioniert, und deswegen müssen wir die Abschreckungsmaßnahmen erhöhen". Konkret: mehr Geld für die Bundeswehr. "Sonst wird es aus der Wende bei Infrastruktur und Personal nichts, und damit wird nicht mit der Zeitenwende."
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 02.03.2023 auch im Fernsehen: WDR aktuell, 12.45 Uhr.