Wenn der ehemalige Reviersteiger Jürgen Jakubeit an seinen großen Moment vor fünf Jahren zurückdenkt, bekommt er ganz feuchte Augen. Als letzter Bergmann hat er damals das allerletzte Stück Steinkohle an den Bundespräsidenten übergeben. "Es gibt keinen Tag, an dem Du nicht an den Pütt denkst. Ich bin stolz, dass ich das damals stellvertretend für alle Bergleute machen durfte", sagt Jacke, wie ihn alle nennen.
Bergbau-Gelände menschenleer
Jürgen Jakubeit übergibt das letzte Stück Kohle an den Bundespräsidenten
Jeden Tag guckt er auf den Förderturm der Schachtanlage "Franz Haniel", denn der 55-Jährige wohnt nur ein paar hundert Meter entfernt. Traurig findet Jacke den Anblick, denn das riesige Gelände ist jetzt menschenleer. Alle Schächte sind mit Beton verfüllt. Ein Autohändler nutzt einen Teil als Abstellfläche für Neuwagen. Ansonsten ist zumindest für Außenstehende nicht viel passiert.
Das sieht Michael Otto anders. Er ist für die RAG Montan Immobilien zuständig für die Abwicklung der Zechengelände. "Wir liegen sogar noch vor dem Zeitplan. Derzeit analysieren wir, welche Schadstoffe im Boden lagern", sagt er. Das dauert noch bis weit ins kommende Jahr hinein. Danach geht es darum, die Gebäude abzureißen und Schadstoffe zu entsorgen.
Große Nachfrage nach Bergbauflächen
Frühestens in fünf Jahren könnten sich dann erste Firmen ansiedeln. Die Nachfrage ist schon jetzt groß, sagt Dirk Kruppa von der RAG, er ist für die Entwicklung der Bergbauflächen zuständig: "Wir werden die 24 Hektar gut an den Markt bringen können. Vor allem große Industrieunternehmen haben sich gemeldet", sagt der Experte.
Auch der Regionalverband Ruhr unterstützt die Planungen. Für den RVR ist zum Beispiel eine Ansiedlung von Firmen aus der Wasserstoff-Branche oder dem Bereich der Regenerativen Energien denkbar.
Das Gelände Prosper II ist schon dem Erdboden gleichgemacht
Auf dem Gelände von Prosper II sind bereits Gebäude abgerissen, dort werden gerade mögliche Schadstoffe analysiert. Ein Teil der Zeche, der schon seit längerem umgewidmet ist, wird seit Jahren für Attraktionen und Erlebniswelten genutzt. Und im Bereich des ehemaligen Schacht 10 sind vorübergehend geflüchtete Menschen untergebracht.
Die alten Bergbau-Relikte sollen aber nicht ganz verschwinden. Der markante Förderturm auf Franz Haniel bleibt zum Beispiel als Landmarke erhalten. Aber nur Gebäude stehen zu lassen reicht nicht, um auch die Geschichten der Menschen aus dem Bergbau weiterzutragen.
Lehrer Joscha Fresmann setzt in seinem Geschichtsunterricht an der Geschwister Scholl Schule in Marl auf das Projekt "Menschen im Bergbau". Das ist eine digitale Lernplattform, entwickelt von der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets mit der Ruhr-Uni Bochum. Schüler können dabei auf Tablets kleine Videos sehen, in denen ehemalige Bergleute als Zeitzeugen über ihre Arbeit unter Tage berichten.
Projekt an Schule in Marl
Im Trainingsbergwerk ist ein Pütt nachgebaut
Schüler Jonas Legler zum Beispiel zuckt beim Thema Bergbau mit den Schultern: "Ich weiß eigentlich gar nichts. Da bin ich ganz ehrlich. Jetzt in der Schule habe ich mich zum ersten Mal damit auseinandergesetzt". Lehrer Fresmann hofft, dass durch sein Projekt die Erinnerung an den Bergbau weiter hochgehalten werden kann.
Ehemalige Bergleute halten Erinnerung wach
Und auch der ehemalige Reviersteiger Jürgen Jakubeit tut alles dafür, dass der Bergbau in den Köpfen der Menschen bleibt. Er arbeitet im Trainingsbergwerk Recklinghausen. Dort ist eine Zeche original nachgebaut. In Führungen zeigt er Besuchern, wie hart die Arbeit damals unter Tage war. "Es geht darum, Werte weiterzuvermitteln. Wenn wir das nicht machen würden, in zehn Jahren weiß keiner mehr, was Bergbau war".
Über dieses Thema berichten wir am 21.12.2023 im Radio in der Lokalzeit Rhein/Ruhr auf WDR 2 sowie in den Sendungen Morgenecho und Westblick auf WDR 5.
Schicht im Schacht: Eine Verneigung vor den "Kumpels" – Zum Ende des Bergbaus
Unterhaltung. 02.12.2023. 01:28:16 Std.. UT. Verfügbar bis 02.12.2024. WDR. Von Gisbert Baltes.
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