Abends um 20.30 Uhr in der Dortmunder Innenstadt an der Martinstraße. Fünf Männer haben sich am Eingang des Einkaufszentrums Thier-Galerie untergestellt. Gegenüber schiebt eine Frau einen Mann im Rollstuhl, an einer dritten Ecke steht ein weiteres Grüppchen abhängiger Menschen. Auch in den Seitenstraßen campieren oder sitzen zahlreiche vermeintlich drogensüchtige Personen.
Stadt will unkontrollierte Situation in Griff bekommen
In diesem Bereich mitten im Zentrum befindet sich der Drogenkonsumraum, in dem abhängige Personen tagsüber legal Heroin spritzen und andere Drogen konsumieren dürfen. Sobald die Einrichtung schließt, halten sich viele ihrer Besucher in den Straßen rund um den Ort auf. Diese unkontrollierte Situation will die Stadt in den Griff kriegen. Sie hat deshalb eine Brachfläche, auf der Wohnungen gebaut werden sollten, angemietet.
"Wir wollen Entlastung für den Bereich schaffen", begründet Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) den Schritt: "Entlastung insofern, dass die Menschen, die auf Einlass in den Drogenkonsumraum warten, sich dort aufhalten können, dort betreut werden." Auf der Fläche, auf der heute noch Büsche und Bäume stehen, sollen in Zukunft Mitarbeiter der Drogenhilfe die abhängigen Personen betreuen.
Parkhaus als Rückzugsort
Die Lösung mit der Freifläche soll kurzfristig Entlastung bringen. Torben Seifert, Centermanager des Einkaufszentrums Thier-Galerie unterstützt die Maßnahme: "Solange es eine temporäre Lösung ist, ist das eine gute Idee". Seifert hofft, dass sich die Abhängigen dann auf der Fläche aufhalten statt beispielsweise im Parkhaus der Shoppingmall. Er beobachte häufig, wie sie sich dort zurückziehen, um Drogen zu konsumieren. Jeden Morgen würde Seifert dort auch Fäkalien und andere Hinterlassenschaften auffinden.
"Der Drogenkonsumraum kann dort nicht bleiben, weil er eine Belastung für Händler ist, aber nicht nur für die", sagt Westphal. Die Zustände seien beispielsweise auch für Besucher der Innenstadt, für Mütter mit kleinen Kindern oder Menschen, die den Arzt besuchen wollen ein Problem, so der Oberbürgermeister.
Sonderstab soll für Sicherheit und Ordnung sorgen
Damit sich die Situation verbessert, haben Stadt und Polizei einen gemeinsamen Sonderstab gegründet. Polizeipräsident Gregor Lange betont, dass seither so viele Polizisten wie noch nie in der Innenstadt unterwegs seien. Der Kommunale Ordnungsdienst der Stadt hat innerhalb eines Jahres 8.000 Taten vom illegalen Drogenkonsum bis zu aggressivem Betteln festgestellt. Die Polizei hat 1.200 Strafanzeigen geschrieben, 129 Personen vorläufig festgenommen und 174 Haftbefehle erlassen.
Verlagerung des Drogenkonsumraums fraglich
100 mögliche Standorte und Flächen für den Drogenkonsumraum hat die Stadt geprüft. Einige geeignete hat sie dabei gefunden und den Parteien vorgestellt. Allerdings ist noch unklar, ob sich eine politische Mehrheit für die vorgeschlagenen Standorte findet. Ausgerechnet Westphals eigene Partei, die SPD, könnte das verhindern. Die hat nämlich schon Stadtviertel wie die Dortmunder Nordstadt ausgeschlossen. Ob die Freifläche also nur temporär genutzt wird, hängt von einer politischen Entscheidung für einen anderen Standort ab.