Außenansicht der Dortmunder Westfalenhallen

OVG: Stadt Dortmund muss Auftritt von Daniele Ganser ermöglichen

Stand: 23.03.2023, 15:29 Uhr

Der umstrittene Historiker Daniele Ganser aus der Schweiz darf am kommenden Montag in den Dortmunder Westfalenhallen auftreten. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden.

Das Gericht begründet die Entscheidung damit, dass die Westfalenhalle eine öffentliche Einrichtung sei. Ein Verbot des Auftritts von Ganser würde gegen die Meinungsfreiheit verstoßen. Dass die Stadt Ganser Antisemitismus vorwerfe, reiche nicht für eine Absage der Veranstaltung.

Im Januar hatte ein breites Dortmunder Bündnis Kritik am geplanten Auftritt des umstrittenen Historikes geäußert. Daraufhin hatte die Westfalenhalle GmbH seinen Auftritt abgesagt. Gansers Agentur klagte gegen die Entscheidung – diese sei rechtswidrig und ein Eingriff in die Meinungsfreiheit, so der Chef der Agentur.

Bereits in erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Ganser und seiner Agentur recht gegeben. "Die Stadt Dortmund muss auf die Westfalenhalle GmbH einwirken, damit diese am 27. März 2023 die Durchführung der Veranstaltung [...] in der Halle 2 der Westfalenhalle ermöglicht", hieß es in einer Pressemitteilung. Gegen diese Entscheidung war die Stadt vor das OVG in Münster gezogen.

Stadt akzeptiert Entscheidung

Die Stadt schreibt jetzt, sie hätte sich eine andere Entscheidung gewünscht. Komme dem Beschluss aber nach. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Thema des Auftritts in den Westfalenhallen

"Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?" Das ist der Titel von Daniele Gansers Vortrag in den Westfalenhallen in Dortmund. Die verbreitete Sichtweise unter Experten, dass Russland den Krieg verursacht hat, teilt Ganser nicht. Er behauptet, dass die NATO die Hauptschuld am Krieg trage.

"Es ist nicht richtig, zu behaupten, die NATO sei schuld an diesem Angriffskrieg", sagte Ingrid Reuter, die für die Grünen im Dortmunder Stadtrat sitzt. Sie forderte im WDR-Interview bereits vor Wochen, "dass Daniele Ganser ausgeladen wird und dass die Veranstaltung in dieser Form nicht stattfindet". Nicht nur wegen seiner Aussagen zum Ukraine-Krieg.

Verschwörungserzählungen zu 9/11 und Corona

Das Dortmunder Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus bezeichnet Ganser als einen "'Star' der verschwörungsideologischen Szene". Der umstrittene Historiker sei in den vergangenen Jahren immer wieder mit Verschwörungserzählungen aufgefallen – zum Beispiel auch zu den Anschlägen vom 11. September oder zur Corona-Pandemie.

Portrait von Daniele Ganser

Daniele Ganser

In einem niederländischen Dokumentarfilm setzt Ganser die von ihm wahrgenommene "Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft" mit der Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Dritten Reich gleich. "Damit relativiert er den mörderischen Antisemitismus des NS-Regimes und verharmlost die Schoah", sagt Micha Neumann von der Beratungsstelle gegen Antisemitismus ADIRA in Dortmund. "Das ist eine Ausdrucksform des Antisemitismus." Neumann hatte ebenfalls gefordert, dass der Auftritt Gansers in der Dortmunder Westfalenhalle 2 abgesagt wird.

Westfalenhallen im Mittelpunkt der Kritik

Das forderte auch das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund. Dazu gehören u.a. CDU, Grüne und verschiedene Dortmunder Organisationen. Sie kritisierten vor allem, dass Daniele Ganser ausgerechnet in den Westfalenhallen auftreten soll.

Denn die Westfalenhallen GmbH ist ein städtisches Tochterunternehmen. "Auftritte von Ganser in renommierten Veranstaltungsorten wie der Westfalenhalle verleihen seiner verschwörungsideologischen Propaganda den Anstrich, Bestandteil des intellektuellen gesellschaftlichen Diskurses zu sein und tragen zu ihrer Normalisierung bei", so das Netzwerk.

Der Standpunkt der Stadt Dortmund

Uwe Waßmann vor den Westfalenhallen

Uwe Waßmann, CDU Dortmund

Ähnlicher Meinung war auch Uwe Waßmann, der für die CDU im Dortmunder Stadtrat sitzt und Aufsichtsratschef der Westfalenhallen ist. "Die Stadt Dortmund hat sich ganz klar bekannt gegen Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus. Solche Leute haben in unserer Stadt keinen Platz."

Oberbürgermeister Thomas Westphal, SPD, signalisierte Unterstützung. "Wenn die Geschäftsführung der Westfalenhallen die Veranstaltung nicht durchführt, würde der Oberbürgermeister das gut verstehen und dies als Gesellschafter mittragen und unterstützen", so die Stadt in einem Statement. Nun hat das OVG die Absage endgültig für unzulässig erklärt.