Der Bonner Zahnarzt Alexander Schafigh während einer Zahnbehandlung im Rettungswagen

Zahnbehandlungen aus dem Rettungswagen in Bornheim

Stand: 25.03.2024, 11:38 Uhr

Ein Zahnarzt aus Bornheim hat jetzt einen Rettungswagen zu einer Zahnklinik umgebaut. Damit engagiert er sich in der Flüchtlingshilfe und bietet kostenlose Behandlungen an der polnisch-ukrainischen Grenze an.

Von Marius Reichert

Am Morgen haben sich Zahnarzt Alexander Schafigh und sein Mitstreiter Armin Reinartz auf den Weg gemacht - mit ihrer mobilen Zahnklinik an die polnisch-ukrainische Grenze. Nach 15 Stunden sind sie angekommen an einer alten Lagerhalle, am Stadtrand von Przemysl. Sie werden am Wochenende Menschen behandeln, die aus der Ukraine geflohen sind. "Diese Leute fallen durchs polnische Sozialsystem, das ohnehin überlastet ist", erklärt der 54-jährige Schafigh.

Private Initiative 

Vor Monaten hatte Schafigh einen alten Rettungswagen gekauft für 15.000 Euro finanziert durch Spenden. Schafigh hat vor vier Jahren eine eigene Hilfsorganisation gegründet. "Die Arbeit gibt mir Sinn", sagt der Zahnarzt, der während seiner Einsätze von seiner Tochter in der Praxis in Bornheim vertreten wird.  

In den folgenden Wochen baut Schafigh den alten Rettungswagen mit seinem Zahnarzt-Kollegen Armin Reinartz um zur mobilen Zahnklinik. Aus einer Praxisauflösung bekommen sie einen Behandlungsstuhl, durch Spenden medizinisches Gerät in einem Koffer und Medikamente. Das Blaulicht und die 112-Beschriftungen müssen sie mühevoll abkratzen. 

Kinder haben Karies 

Zurück in Polen. In der Not-Unterkunft bleiben Familien bis zu drei Tage. Danach entscheidet sich, wie es für sie weitergeht - und vor allem: In welcher Stadt sie dauerhaft bleiben können. "In der Ukraine ist die Versorgung nicht gut seit Kriegsausbruch", sagt Alexander Schafigh.

Der Bronheimer Zahnarzt Alexander Schafigh

Der Rettungswagen stammt aus Friesland

"Wir sehen viele Kinder mit Karies, entzündete Wurzelkanäle - da müssen wir dann reagieren". In der mobilen Zahnklinik können Schafigh und Reinartz Zähne ziehen, Füllungen machen. Nur bei Implantaten sagen sie ab. "Wir wollen so behandeln, dass die Menschen für längere Zeit keinen Zahnarzt brauchen". Im Zweifel werde ein Zahn dann eher gezogen. 

Marthas Milchzahn muss raus

Die sechsjährige Martha ist die erste Patientin. Ihr Vater kämpft an der Front, ihre Mutter will mit ihr und ihrem Bruder weiter Richtung Warschau. "Der bleibende Zahn drückt, aber der Milchzahn will nicht raus", sagt der Zahnarzt, dessen Worte von einer jungen Freiwilligen ins Ukrainische übersetzt werden. Die Entscheidung: Der Milchzahn kommt raus.

Zahnärzte bilden Netzwerk

Am Ende des Einsatzes werden die beiden Zahnärzte rund 20 Menschen behandelt und Schmerzen gelindert haben. In Zukunft will der Zahnarzt aus Bonn immer wieder an die Grenze kommen - oder befreundete Zahnärzte für einen Einsatz motivieren. 

Unsere Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort

Über dieses Thema berichtet die WDR Lokalzeit aus Bonn am 25. März 2024 sowie im Radio bei WDR5 in „Neugier genügt“ vom 20. März 2024. 

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