Oberhausen: Landesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN (NRW)

Aktuelle Stunde 29.06.2024 31:42 Min. Verfügbar bis 29.06.2026 WDR Von Arne Hell, Norbert Dohn

NRW-Grüne bestätigen Doppelspitze auf Parteitag

Stand: 30.06.2024, 11:25 Uhr

Nach der krachenden Wahlniederlage bei der Europawahl sind die NRW-Grünen in Oberhausen zu ihrem Parteitag zusammengekommen. Die Botschaft, die von dort ausgehen soll: Wir kümmern uns um Alltagssorgen.

Von Susi Makarewicz

Der zweitägige Landesparteitag der Grünen sollte eine Gelegenheit sein, die Europawahl aufzuarbeiten, aber auch "mit Kraft nach vorne zu schauen", sagte der politische Landesgeschäftsführer Raoul Roßbach am Samstag in der Eröffnungsrede. Und so fiel der Rückblick kurz aus. Es dominierte eine Botschaft: Wir Grünen kennen die Alltagssorgen der Menschen.

Pk der Grünen-Spitze in NRW

Die Vorsitzenden der NRW-Grünen Tim Achtermeyer und Yazgülü Zeybek

Tim Achtermeyer, einer der beiden Landesvorsitzenden, verwies auch gleich zu Beginn des Landesparteitages auf das Motto "Ein Land, das funktioniert". Diese Stoßrichtung kam bei den Delegierten offensichtlich an. Denn die Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek (38) und Tim Achtermeyer (30) wurden wiedergewählt.

Landesvorsitzende wiedergewählt

Yazgülü Seybek aus Wuppertal bekam 81 Prozent, ihr Co-Vorsitzender Tim Achtermeyer aus Bonn 89 Prozent der Stimmen. Zeybeks Ergebnis hat sich im Vergleich zur vorherigen Wahl verschlechtert, Achtermeyer konnte es hingegen verbessern. Für die Grünen gelten Zustimmungswerte von über 80 Prozent dennoch als positives Signal.

Vereinzelt wurde nach dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl aber auch Kritik laut. Eine Rednerin bemängelte, dass die Grünen zu einer Partei abgedriftet seien, die mit "pädagogischem Anspruch" Politik für Besserverdienende mache.

Mehr Investitionen in Infrastruktur

Am Samstag wurde ein Leitantrag für den Erhalt der Infrastruktur einstimmig beschlossen. Die Grünen fordern einen bundesweiten Verkehrswende- und Sanierungsfonds. Der Erhalt von Straßen, Brücken und Eisenbahnstrecken sollte vor Aus- und Neubau gehen. Außerdem sollten die Bestimmungen der Schuldenbremse so geändert werden, dass Kreditaufnahmen für Investitionen ermöglicht werden.

Am Sonntag begann der Parteitag der Grünen mit einem Antrag zur Digitalisierung der Verwaltung. Als Redner trat unter anderem Justizminister Benjamin Limbach auf. Er stellte als Negativbeispiel für fehlende Digitalisierung seine Corona-Quarantäne heraus. Täglich habe ein Dienstwagen Papierakten vorbeigebracht.

Die Grünen fordern einen "Kulturwandel", so würden immer noch digital ausgefüllte Anträge ausgedruckt und händisch weiterbearbeitet. Auch dieser Antrag wurde einstimmig beschlossen.

Motto: "Ein Land, das funktioniert"

Der Bundesvorsitzende der Grünen Omid Nouripour attestierte Deutschland einen "Modernisierungsstau": "Wir haben ein Land, das gefühlt an vielen Stellen nicht funktioniert". Das habe viel damit zu tun, das andere Regierungen sich auf drei Säulen ausgeruht hätten, die es heute nicht mehr gebe: "Billige Sicherheit aus den USA, Billigprodukte aus China und billiges Gas und Öl aus Russland".

Bei ihrem Parteitag sind die Grünen bemüht, die Außenwirkung ihrer Partei zu verändern weg von einer angeblichen Verbotspartei hin zu mehr Pragmatismus. So sprach Yazgülü Zeybek davon, "Brücken bauen zu wollen". "Wenn Grüne nur mit Grünen sprechen, überzeugen wir halt nur die, die schon längst überzeugt sind". Ebenso stellte Tim Achtermeyer klar: "Kulturkämpfe um das Gendern oder das Kruzifix im Klassenraum - das interessiert nur Julia Klöckner und Markus Söder." Immer wieder verwies er auf das Motto des Parteitags: "Uns interessiert ein Land, das funktioniert".

Anderes Auftreten gefordert

Omid Nouripour forderte in seiner Rede aber auch ein "robusteres" Auftreten der Partei: "Wenn der Ministerpräsident von Bayern Tag und Nacht dummes Zeug erzählt, dann muss man ab und an fragen, ob er noch Anstand im Körper hat, wenn er erzählt, die Grünen wollen, dass die Leute Insekten essen".

Standing Ovations für ein Bekenntnis zur Stahlproduktion

Dass die Grünen sich als offene Partei präsentieren, untermalte auch die Gästeliste am Samstag. Mit Tekin Nasikkol war der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Thyssenkrupp Steel zu Gast. Er erhielt für sein Bekenntnis zur Stahlproduktion in Duisburg und ihren Umbau zur grünen Stahlproduktion Standing Ovations von den Grünen-Parteimitgliedern.

Ziemiak mit Lob für Grüne Minister

Auch die Rede von Paul Ziemiak, dem Generalsekretär der CDU in NRW, wurde gut aufgenommen. Er lobte die Zusammenarbeit in der schwarz-grünen Landeskoalition und dankte ausdrücklich den Grünen Ministern wie Wirtschaftsministerin Mona Neubaur.