Außenansicht des Moerser Amtsgerichts

Kinder monatelang hungern lassen – Eltern müssen in Haft

Stand: 06.06.2024, 16:45 Uhr

Zwei Kleinkinder aus Kamp-Lintfort mussten monatelang Hunger leiden, weil ihre Eltern sie nicht versorgten. Das Paar wurde heute vom Landgericht Kleve zu Haftstrafen verurteilt.

Der Vater muss dreieinhalb Jahre, die Mutter zwei Jahre und neun Monate Haft verbüßen. Das Paar aus Kamp-Lintfort, beide 33 Jahre alt, hatte seine beiden kleinen Mädchen so sehr vernachlässigt, dass sie fast verhungert wären, so das Gericht. Die Richterin war überzeugt, dass die Eltern "böswillig" gehandelt haben.

Genaue Dauer der Qualen nicht bekannt

Die Qualen der beiden zwei und drei Jahre alten Mädchen seien mindestens über mehrere Monate gegangen, möglicherweise noch länger. Die Staatsanwaltschaft hatte den Eltern vorgeworfen, den beiden Kleinkindern im Jahr 2021 über mehrere Monate viel zu wenig Essen gegeben zu haben. Sie hätten die Mädchen "böswillig hungern lassen und sich überhaupt nicht um die körperliche oder geistige Entwicklung der Kinder gekümmert", hieß es in der Anklage.

Mädchen hatten aufgeblähte Bäuche

Als das Jugendamt vor drei Jahren nach einem Hinweis aus der Nachbarschaft bei der Familie in Kamp-Lintfort einschritt, hatten die Mädchen nach Aussagen von Ärzten bereits aufgeblähte Bäuche, wie man sie sonst von hungernden Kindern in Entwicklungsländern kennt.

Die beiden konnten kaum laufen, kaum sprechen und mussten den Umgang mit fester Nahrung erst lernen. Mediziner stuften ihren Zustand zunächst als lebensbedrohlich ein.

Verteidiger argumentierte mit Überforderung der Eltern

Von den Schilderungen der Ärzte zeigten sich auch die Verteidiger der angeklagten Eltern sichtlich betroffen. Eine Böswilligkeit könne man ihren Mandanten aber nicht unterstellen, argumentierten sie, der Vater und die Mutter seien schlicht überfordert gewesen. Die Verteidiger forderten deshalb für beide Angeklagten lediglich Bewährungsstrafen. Die Staatsanwaltschaft hingegen hatte sogar secheinhalb Jahre für den Vater und sechs für die Mutter gefordert.

Anders als die Verteidiger sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Eltern bewusst gehandelt haben und verhängte die Haftstrafen von dreieinhalb Jahren und zwei Jahren und neun Monaten. Die Richterin sprach von "erheblicher Eigensucht" der Eltern. Für den Fall ist das Landgericht Kleve zuständig, verhandelt wurde aber vor der auswärtigen Strafkammer in Moers.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Kleve
  • Nachrichtenagentur dpa

Kinder mussten monatelang hungern – Eltern müssen in Haft

WDR Studios NRW 06.06.2024 00:38 Min. Verfügbar bis 06.06.2026 WDR Online


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