Vom Fluss zum Flüsschen - Hoher Zeitdruck beim Umbau der Erft

00:29 Min. Verfügbar bis 24.06.2026

Vom Fluss zum Flüsschen - Hoher Zeitdruck beim Umbau der Erft

Stand: 24.06.2024, 06:00 Uhr

Im Rheinischen Braunkohlerevier wird der Verlauf der  Erft von Bergheim bis zur Mündung in den Rhein bei Neuss neu gestaltet. Grund ist der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg.

Von Stephan Pesch

Mit dem Ende des Tagebaus Hambach wird dann kein Grundwasser mehr in die Erft gepumpt. Aus dem heute breiten Fluss wird dann wieder - wie vor der Braunkohle - ein Flüsschen. Der für den Umbau zuständige Erftverband steht deshalb mächtig unter Druck.

Es plätschert und rauscht in Neuss Gnadental. Kurz vor ihrer Mündung in den Rhein schlängelt sich die Erft  durch die Landschaft. Das Wasser sucht sich hier seinen Weg. Der viele Regen hat den Fluss über seine seichten Ufer steigen lassen. Ein Auengebiet ist überschwemmt. Vögel nisten hier. Auch Frösche quaken. Der Erftverband ist stolz auf dieses mittlerweile preisgekrönte Idyll - denn es ist 2022 künstlich geschaffen worden. Zuvor strömte die Erft in einem geraden, tief ausgebauten Kanal in Richtung Rhein. So wie in Gnadental soll der Fluss an vielen weiteren Stellen raus aus seinem alten Bett - und das so schnell wie möglich.

Erft verliert die Hälfte ihrer Wassermenge

Bergheim - Grundwasser aus Tagebau Hambach

Hier sprudelt das Grundwasser aus dem Tagebau Hambach.

Auf einer Länge von etwa 40 Kilometern ist der Unterlauf der Erft in den 1960er bis in die 1980er Jahren zu einem großen und tiefen Kanal ausgebaut worden. In Höhe Bergheim Kenten aus mächtigen Röhren bis zu fünf Kubikmeter Grundwasser pro Sekunde in den bis dahin eher schmalen Fluss. Das Grundwasser wird aus dem Tagebau Hambach abgepumpt, damit dort in großer Tiefe gearbeitet werden kann. Das Grundwasser verdoppelt die Wassermenge der Erft. Wenn die Pumpen am Tagebau Hambach abgestellt werden, wird aus der Erft zwischen Bergheim, Grevenbroich und Neuss wieder ein schmales Flüsschen. Das war lange Zeit erst in den 2040er Jahren geplant. Doch der vorgezogene Kohleausstieg hat alles über den Haufen geworfen.

Umbau der Erft braucht Platz

Erftumbau Frimmersdorf

Hoher Zeitdruck beim Umbau der Erft

Damit die Erft nach dem Kohleausstieg nicht austrocknet, müssen Verlauf und Flussbett an vielen Stellen umgestaltet werden. Der Fluss soll wieder so werden, wie vor dem Tagebau. In Neuss Gnadental wurde beispielsweise die Länge der Erft verdreifacht, damit sie sich in einem seichten Bett langsam durch die Landschaft schlängeln kann. Auch in Bergheim Kenten und zwischen Bedburg und Frimmersdorf konnte der Fluss bereits naturnah umgestaltet werden.

Doch dafür braucht der Erftverband Platz und damit Grundstücke, auf denen sich die Erft ausdehnen kann - auch bei Hochwasser. Dafür sind wiederum viele Genehmigungen notwendig.19 Abschnitte stehen laut Erftverband auf der "To-Do-Liste“. Vier sind bereits umgesetzt, fünf in Planung. Die restlichen zehn sind noch offen. Am Vormittag will der Erftverband sagen, wie der Umbau der Erft bis zum geplanten Ende des Braunkohletagebaus doch noch gelingen kann

Unsere Quellen:

  • Reporter vor Ort

Über dieses Thema berichten wir auch im Radio auf WDR2 und im Fernsehen in der Lokalzeit aus Köln am 24.06.2024.