Absturz der Schwebebahn in Wuppertal vor 25 Jahren | sv
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25 Jahre Schwebebahn-Absturz in Wuppertal
Stand: 12.04.2024, 12:44 Uhr
Vor 25 Jahren ist die Wuppertaler Schwebebahn in die Wupper gestürzt. Der Unfall forderte fünf Tote und mehr als 40 Verletzte.
Von Wolfram Lumpe
Am 12. April 1999 hat die ganze Welt nach Wuppertal geschaut: Am frühen Morgen stürzt die Schwebebahn ab. Der Unfall des bis dahin sichersten Verkehrsmittels der Welt forderte fünf Tote und mehr als 40 Verletzte.
Der Unfall
Zum Zeitpunkt des Unfalls werden die Schwebebahn, ihr in die Jahre gekommenes Gerüst und alle Bahnhöfe gerade saniert. Nachdem die Bahn wegen der Bauarbeiten am vorherigen Wochenende still stand, nimmt der erste Zug am frühen Montagmorgen seinen Betrieb wieder auf. Die meisten Fahrgäste sind auf dem Weg zur Arbeit.
Gegen 5.45 Uhr sitzt Alexander Marinos "senkrecht im Bett", wie er selbst sagt. Marinos ist selbst Journalist, arbeitete damals auch für den WDR. Seine Frau und er wohnen knapp 30 Meter Luftlinie vom Schwebebahn-Gerüst und der Unfallstelle entfernt. Beide vermuten für einen kurzen Moment, ein Flugzeug könnte abgestürzt sein. Dann wird ihnen klar: Es kann sich nur um die Schwebebahn handeln.
Der Grund für den Absturz war eine Kralle, ein Eisenstück, das noch von den Bauarbeiten am Fahrgerüst befestigt war. Arbeiter hatten vergessen, es abzumontieren.
Die abgestürzte Schwebebahn wird aus dem Wasser gezogen
Die Bahn kollidiert mit dem Metallteil, eines der Drehgestelle wird vom Wagendach gerissen, der Zug entgleist und schlägt aus einer Höhe von zehn Metern in der Wupper auf eine Fernwärmeleitung auf. Aus der Leitung steigt an einer Bruchstelle Rauch auf. Nach dem Lärm des Absturzes legt sich eine beängstigende Stille über das Unglück.
Alexander Marinos sieht die Szenerie und erste Opfer. "Es war eine gespenstische Szene, weil die Menschen völlig ruhig waren. Keiner hat gesprochen. Menschen kamen leise über das Wupperufer geklettert, teilweise blutverschmiert." Ersthelfer waren da bereits in die Wupper geklettert. Wenig später waren auch die ersten Feuerwehrleute und Sanitäter vor Ort.
Die Tragödie verläuft still
Doktorin Hella Körner-Göbel, Leitende Notärztin der Stadt Wuppertal, trifft eine halbe Stunde nach dem Unfall ein. Auch sie erinnert sich an die bedrückende Stille: "Man hörte wirklich nichts. Es war ungewöhnlich still, keine Schreie. Die andere Notärztin, die vor mir eintraf, erzählte mir ebenfalls, dass sie nichts höre - außer dem Plätschern von Wasser." Immer mehr Rettungskräfte treffen ein, bergen Menschen aus der Bahn. Mehr als 40 Menschen werden bei dem Absturz verletzt, für fünf Menschen endet er tödlich.
Notärztin Körner-Göbel funktioniert, sorgt für eine geordnete Versorgung der Verletzten. Alexander Marinos, heute stellvertretender Chefredakteur der WAZ, funktioniert ebenfalls. Der junge Journalist ist Ersthelfer und später Reporter für den WDR.
"Ich habe mit gerade mal 27 Jahren nicht viel Erfahrung gehabt. Ich habe wie in Trance für alle Anstalten berichtet. Der Unfall ist nichts, was man gut verdauen kann. Ich habe am Mittag aufgehört zu arbeiten und mich einfach ins Bett gelegt. Ich war wirklich fix und fertig mit den Nerven", erinnert er sich.
Der Absturz vor Gericht
Helfer erreichen die Bahn in der Wupper
Juristisch wird der Unfall ein Jahr später aufgearbeitet. Fünf von acht Angeklagten werden freigesprochen, zwei Mitarbeiter der Stadtwerke bekommen Bewährungsstrafen. Der Nimbus des "sichersten Verkehrsmittels der Welt" ist dahin.
Auch in den letzten Jahren sorgt die Schwebebahn für Negativ-Schlagzeilen. Zweimal stürzen schwere Stromschienen vom Gerüst auf die Straße, nur mit Glück kommen keine Menschen zu Schaden. "Der Ruf hat etwas gelitten", sagt Christian Kindinger, Betriebsleiter der Wuppertaler Stadtwerke.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten habe es viele technische Umstellungen gegeben. Viele Probleme seien aber inzwischen gelöst. "In den letzten beiden Jahren sind wir eigentlich wieder sehr zuverlässig unterwegs", so Kindinger weiter.
Die Gefahr, dass sich trotz der vielen Bauarbeiten so ein Unglück wiederholen könnte, schätzt er als gering ein. Die Strecke werde ständig kontrolliert. "Wir stellen jeden Tag und jede Nacht fest, ob die Strecke vollständig geräumt worden ist. Dafür sind Personen benannt, die das sehr verantwortungsvoll und sorgfältig machen."
Absturz des gefallenen Engels
Notärztin Hella Körner-Göbel sagt, sie habe noch jede Sekunde des Unfalltages im Kopf. Auch Journalist Alexander Marinos hat das Ereignis als gebürtigen Wuppertaler nicht losgelassen: "Das ist der gefallene Engel. Mit der Schwebebahn hat man immer nur Gutes verbunden. Ich habe das mal verglichen mit einem Pariser, der vor dem Eiffelturm steht, der gerade zusammengebrochen ist."
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