Auf dem Foto ist ein zehnstöckiges Hochhaus, davor stehen zwei Polizeiwagen.

Ratingen: Wie ein Stadtteil die Explosion verarbeitet

Stand: 12.05.2023, 19:19 Uhr

In Ratingen soll ein Mann einen Anschlag auf Feuerwehrleute und Polizisten verübt haben. Ein Besuch im Stadtteil am Tag danach.

Von Sven Lüüs

"Das geht nicht einfach so weg," sagt Bogdan Kurowski. Er wohnt in dem Haus in Ratingen-West, in dem am Donnerstag ein Mann mit einer Explosion fünf Feuerwehrleute und Polizisten lebensgefährlich verletzt haben soll. Sein Anrufbeantworter war voll mit besorgten Nachrichten. Alle wollten wissen, wie es Bogdan Kurowski geht.

Niemand wusste, was los ist

Als es gestern kurz nach der Explosion rund um das Haus von Einsatzkräften nur so wimmelt, kommt Kurowski gerade von der Arbeit nach Hause. Sein erster Gedanke: bestimmt ein schwerer Autounfall. Seine Nachbarn wissen zu dem Zeitpunkt auch noch nicht, was los ist. In seine Wohnung darf Kurowski erstmal nicht.

Vorwurf: Versuchte Tötung

Am Donnerstagvormittag werden Einsatzkräfte zu einem vermeintlichen Routine-Einsatz in Ratingen-West gerufen - die Polizei sagt: wegen einer hilflosen Person. Als Polizisten die Tür zur Wohnung öffnen wollen, zieht jemand die Tür plötzlich von innen auf. Dann schleudert ein Mann eine brennbare Flüssigkeit auf die Beamten. Zwei von ihnen und drei Feuerwehrleute schweben deswegen immer noch in Lebensgefahr.

Nach Stunden, in denen sich der Mann auf dem Balkon verschanzt, können die Polizisten den 57-Jährigen in der Wohnung überwältigen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wirft ihm versuchte Tötung vor.

"Wir hatten Angst!" Elvira Polinski, Anwohnerin

Elvira Polinski und Vasili Sauer brauchen Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Sie wohnen im Haus gegenüber. Während des Großeinsatzes gestern dürfen sie das Gebäude nicht verlassen. "Wir hatten Angst," sagt Elvira Polinski.

Anwohner: Stadtteil bekannt für Straftaten

Auf dem Foto ist ein Marktplatz mit zwei Ständen darauf, dahinter ist eine Dönerbude.

Ratingen-West: Auch am Tag nach der Explosion wird hier wieder eingekauft.

Auch in der Umgebung ist die Explosion ein großes Thema, sagt der Kassierer einer Bäckerei. "Alle reden darüber," ruft eine Frau von hinten. Auch Kurowski holt sich hier seinen Kaffee. Er scherzt mit den Mitarbeitern, geht raus auf den kleinen Vorplatz und nimmt einen Schluck aus dem Pappbecher.

Polizei-Einsätze kennen die Menschen im Stadtteil gut: "Hier passieren ständig schlimme Dinge", sagt Kurowski. Schlägereien, Polizei-Einsätze und Drogenverkauf auf offener Straße stehen hier auf der Tagesordnung, sagt Ahmet Dagtekin von einer nahe gelegenen Dönerbude: "Bei uns in Ratingen-West ist das ganz normal."

Seine Frau Firdever ruft empört: "Wie kann man so was nur machen?"

Während ein Mann von der Spurensicherung im weißen Kittel aus seinem Haus kommt und ein Polizist den Eingang seines Hauses kontrolliert, geht für Kurowski der Alltag weiter. Er hilft einer Bekannten, ihr Fahrrad zu reparieren. Er braucht jetzt Ablenkung.