Prozess um zu Tode geschütteltes Baby: Mutter fehlt vor Landgericht Köln

Stand: 29.05.2024, 12:49 Uhr

Ein Stuhl bleibt frei im Prozess um ein 14 Wochen altes Baby, das die Eltern in Gummersbach zu Tode geschüttelt haben sollen. Die Mutter ist auch zum zweiten Prozesstag nicht erschienen.

Von Markus Schmitz

Die Polizisten haben die Tür in der Wohnung in Bergneustadt eingetreten, sagt der Verteidiger des Vaters. In der vergangenen Woche hatte das Gericht einen Haftbefehl erlassen, weil der Mann nicht zum Prozessauftakt um den Tod seines kleinen Sohnes erschienen war. Laut Verteidiger habe sich sein Mandant am Tag der Festnahme im Badezimmer seiner Wohnung aufgehalten und deshalb nach dem Schellen und Klopfen der Beamten nicht die Tür öffnen können.

Auch die Mutter wird per Haftbefehl gesucht, die Ermittlungen dazu blieben bisher aber "erfolglos", sagt die Vorsitzende Richterin im Prozess. Das führt nun dazu, dass das Verfahren gegen die Mutter abgetrennt wird. Die Frau wird weiterhin gesucht, kommt aber nach einer Verhaftung in einem eigenen Verfahren vor Gericht.

Notsituation als Schutzbehauptung?

Die Staatsanwaltschaft spricht davon, dass im Mai 2022 sowohl die Mutter als auch der Vater den 14 Wochen alten Jungen "bis zu zehn Minuten" geschüttelt haben. Die Mutter soll später gesagt haben, dass sie ihr Kind fütterte, und feststellte, dass es sich nicht mehr bewegen und schlucken würde. Daraufhin habe zunächst sie und später ihr Mann den Säugling genommen und geschüttelt.
Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin hatte sich allerdings später ergeben, dass eine solche "Notsituation" nicht vorgelegen habe. Das Gericht spricht auch von vorherigen Misshandlungen gegen den Jungen und von einem "unterernährten Zustand".

Vater schweigt vor Gericht über Vorwürfe

Der Junge wurde nach dem Vorfall in das Kreiskrankenhaus in Gummersbach gebracht, und war Tage später in der Kölner Uni-Klinik gestorben. Der Vater hat im Prozess nichts über den Vorwurf gegen ihn gesagt und nur Angaben zu "seiner Person" gemacht. Er kam 2016 aus Griechenland nach Deutschland und hat noch zwei weitere Kinder. Er sei nie zur Schule gegangen.
Mutter und Vater wurden nach dem Vorfall im Mai 2022 nicht in Untersuchungshaft genommen. Zunächst ging die Staatsanwaltschaft von Fahrlässigkeit aus.

Vater bekam Hausverbot in Kölner Uni-Klinik

Zum ersten Prozesstag sagte heute eine Zeugin aus, die Mitarbeiterin des Jugendamts in Gummersbach ist. Sie berichtet von dem Verhalten der Eltern im Mai 2022.
Die Eltern hätten damals auch behauptet, dass das Kind an einer Corona-Impfung gestorben sei. Der Vater sei in der Kölner Uni-Klinik so aggressiv aufgefallen, dass er Hausverbot bekommen habe. Als das Jugendamt noch in der Uniklinik Köln den älteren Sohn in Obhut nahm, war die Mutter auf die Sozialarbeiterin losgegangen.
"Gut das die Polizei mit dabei war", sagt die Mitarbeiterin des Jugendamts im Zeugenstand.

Junge hatte bereits ältere Verletzungen

Nach ihren Angaben hatten die Mediziner auch ältere Verletzungen an dem Jungen, wie Rippenbrüche und ein großes Hirnödem festgestellt. Beiden Eltern haben nach Aussage der Zeugin den "Sterbeprozess" des Kindes in der Uni-Klinik nicht begleitet. Wenige Monate nach diesen geschilderten Situationen sei die Mutter wieder schwanger gewesen, so die Zeugin.

Unsere Quellen:

  • Reporter im Gericht
  • Landgericht Köln

Über dieses Thema berichtet der WDR am 29.05.2024 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Köln und im Radio auf WDR 2.