Gewalt gegen Frauen: Wie steht es um das Frauenbild in der Mitte unserer Gesellschaft?

Aktuelle Stunde 09.09.2024 10:19 Min. UT Verfügbar bis 31.01.2025 WDR Von Yaena Kwon

Landesweite Protest-Aktionen für bessere Hilfe bei Gewalt gegen Frauen

Stand: 09.09.2024, 17:20 Uhr

In NRW haben heute Mitarbeitende von Frauenberatungsstellen und Frauenhäusern protestiert. Sie fordern eine bessere und verlässlichere Finanzierung, um betroffenen Frauen besser helfen zu können.

Von Katrin Wrobel

"Ich bin stinksauer", sagt Etta Hallenga vom Landesverband autonomer Frauen-Notrufe NRW. "Alle wissen: Es bräuchte viel mehr Plätze in Frauenhäusern, viel mehr Frauennotrufe, viel mehr Frauenberatungsstellen." Dafür fehle aber das Geld.

Mitglieder des NRW Netzwerks gegen Gewalt an Frauen demonstrieren mit einem Plakat

Mitglieder des NRW Netzwerks Gewalt gegen Frauen in Düsseldorf

Hallenga und ihre Kolleginnen vom Verband "NRW Netzwerk gegen Gewalt an Frauen" haben deshalb für Montag (09.09.2024) zu einem Protesttag aufgerufen. Die Bundesregierung will in einem noch nicht verabschiedeten Gesetz mehr Geld für Beratungsstellen und Frauenhäuser einplanen. Für die Umsetzung dieses Gewalthilfegesetzes seien im Haushaltsentwurf aber keine Mittel erkennbar, so das Netzwerk.

Aktionen in ganz NRW

Mit dem Protesttag wollen sie auf die Dringlichkeit des neuen Gesetzes aufmerksam machen. Organisationen aus ganz NRW haben sich beteiligt. In Troisdorf etwa haben Mitarbeiterinnen des Frauenzentrums in der Fußgängerzone 155 Kreuze auf den Boden gesprüht - eines für jede der 2023 in Deutschland getöteten Frauen.

Eine Frau, deren Ehemann trotz Entschuldigung und Beteuerungen zum zweiten Mal zuschlägt, braucht schnell Hilfe, wenn sie sich in Sicherheit bringen möchte. Doch die Frauenhäuser haben zu wenig Plätze.

Zwei Frauen protestieren mit Plakaten für mehr Plätze in Frauenhäusern

Protest in Troisdorf

Betroffene Frauen haben sich am Montag in Troisdorf mit Plakaten an dem Protest beteiligt: "Ich habe 58 Tage auf einen Frauenhausplatz gewartet", steht auf einem. In anderen Städten gab es Infostände in Fußgängerzonen und, wie in Düsseldorf, große Banner an Frauenberatungsstellen.

Frauenhäuser können nicht allen helfen

Wie dringend Plätze in Frauenhäusern fehlen, darauf macht auch Marion Steffens von der Landesarbeitsgemeinschaft Autonomer Frauenhäuser in NRW aufmerksam. "Auf eine Frau, die wir aufnehmen können, kommen drei, die wir nicht aufnehmen können", so Steffens. Hinzu komme, dass Frauen ihren Platz im Frauenhaus zurzeit noch selbst finanzieren müssen, wenn sie keinen Anspruch auf Bürgergeld haben. Auch hier sehe das Gewalthilfegesetz Abhilfe vor.

Auch Etta Hallenga kennt das Gefühl, Frauen in Not nicht immer gerecht werden zu können. Sie arbeitet seit 30 Jahren bei der Düsseldorfer Frauenberatungsstelle. "Wir erleben immer wieder, dass wir Frauen nicht so lange beraten können, wie sie es bräuchten, weil so viele Anfragen kommen", sagt Hallenga. Es komme auch vor, dass sie Frauen erst am nächsten Tag zurückrufen könnten. Das sei fatal, wenn eine Frau akut in einer Krise stecke.

Forderung nach langfristig gesicherter Finanzierung

Hier bräuchte es Mittel für ein deutlich größeres Angebot, so Hallenga. Außerdem müsse die Finanzierung langfristig gesichert werden. "Viele Einrichtungen hier in NRW wissen gar nicht, ob sie nächstes Jahr noch bestehen können", so die Sprecherin des Landesverbands autonomer Frauen-Notrufe NRW.

Den Anstieg des Hilfebedarfs verdeutlichen auch Zahlen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Demnach wird etwa jede vierte Frau in Deutschland mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. In der Realität sei noch von deutlich höheren Zahlen auszugehen, da viele Fälle nicht gemeldet würden, so das "NRW Netzwerk gegen Gewalt an Frauen".

Quellen:
- Verband "NRW Netzwerk gegen Gewalt an Frauen"
- Frauenberatungsstelle Düsseldorf
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Über dieses Thema berichtet der WDR am 09.09.2024 auch im Radio in der Lokalzeit auf WDR 2.