Mordfall Claudia O. - keine Beweise gegen Hauptverdächtigen

03:15 Min. Verfügbar bis 16.08.2025

Mordfall Claudia O. - keine Beweise gegen Hauptverdächtigen

Stand: 16.08.2023, 16:52 Uhr

Der Mord an Claudia O. aus Lohmar beschäftigt Polizei und Justiz schon seit mehr als 36 Jahren. Und es scheint, als könne das Gewaltverbrechen an der Gastronomen-Tochter trotz einer Mordanklage nicht aufgeklärt werden.

Von Chrisoph Hengsen

Schuld daran könnte ein Fehler in einem LKA-Labor sein. Ein falscher Umgang mit Spuren, die 1987 an der Leiche der Frau gesichert wurden. Jetzt entlastet zusätzlich ein neues Gutachten den bisherigen Hauptverdächtigen.

Mordfall seit 1987 ungeklärt

Vor 36 Jahren war Claudia O. über dem Lohmarer Ausflugslokal "Naafshäuschen" ihrer Eltern ermordet worden. Von einem Einbrecher. Es gab Ermittlungen, aber keine Beweise. Das ändert sich Jahrzehnte später durch eine Gen-Analyse der alten Spuren. An der Leiche wird die DNA von Detlef M., einem verurteilten Doppelmörder, nachgewiesen.

Der hat da bereits 32 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht. 1988 hatte er die Mutter und den Sohn eines Unternehmers aus dem Sauerland getötet. Ein Gericht verurteilte ihn dafür zu lebenslanger Haft.

2022 dann noch eine Mordanklage. Im Prozess beteuert Detlef M. immer wieder seine Unschuld Die Staatsanwaltschaft aber ist sich sicher: Er hat Claudia O. getötet. Nur drei Wochen später die überraschende Wende: Der Hauptverdächtige verlässt das Bonner Landgericht als freier Mann.

Die Faser- und DNA-Spuren von Detlef M., die nach der Tat an der Leiche von Claudia O. gesichert worden waren, sind für die Justiz wertlos. Sie waren die Grundlage der Mordanklage.

DNA-Spur gelangte womöglich erst im Labor an Faser der Leiche

"Laut Landeskriminalamt ist in den 80-er Jahren die Faserspuren-Untersuchung so abgelaufen, dass eine Faser vom Leichnam neben einer solchen vom Angeklagten auf demselben Objektträger unter dem Mikroskop untersucht worden ist", erklärt Gerlind Keller, Pressesprecherin des Bonner Landgerichts.

"Die Kammer konnte letztlich nicht ausschließen, dass möglicherweise dabei die DNA des Angeklagten auf die Faser vom Leichnam gelangte."

Ein folgenschwerer Fehler im Labor. Der Mordprozess gegen Detlef M. wird ausgesetzt, der Haftbefehl gegen den heute 67-Jährigen aufgehoben. M. genießt die unerwartete Freiheit – er bleibt aber im Visier der Justiz. Denn die Bonner Richter geben ein Gutachten in Auftrag. Weitere Spuren von 1987 sollen untersucht werden. Finden sich darunter heute noch juristisch verwertbare Spuren an Claudia O.s Leiche? Jetzt liegt das Ergebnis vor.

"Es wurden noch weitere Spuren gefunden, die keineswegs von meinem Mandanten stammen", erklärt Uwe Krechel, Anwalt von Detlef M. gegenüber wdr.de. "Und es sind Spuren gefunden worden, die nicht verwertbar sind in Zusammenhang mit meinem Mandanten. Es ist eigentlich brauchbar nichts gefunden worden."

Hat der Fehler im DNA-Labor Auswirkungen auf "Cold Cases"?

Für den Strafverteidiger Uwe Krechel hat der Fehler im DNA-Labor nicht nur Auswirkungen auf das Verfahren gegen seinen Mandanten. Sondern auf viele alte Mordfälle, auf die so genannten Cold Cases. "Wenn da Anklagen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, deren Grundlagen man in den 80-er Jahren gewonnen hat, zu einer Zeit, als man im Labor noch gar nicht wissen konnte, wie sensibel man mit Spuren umgehen muss, dann ist das mit Sicherheit keine Beweisgrundlage."

Der Prozess gegen Detlef M. wird in diesem Jahr noch einmal aufgenommen, um ihn zu Ende zu führen. Eine Verurteilung braucht er aufgrund mangelnder Beweise aber nicht zu fürchten.

Über das Thema berichtet der WDR auch am 16.08.2023 in der Lokalzeit Bonn.

Weitere Themen