Vor 25 Jahren: Letzte Bundestagssitzung in Bonn

Stand: 01.07.2024, 06:11 Uhr

Für viele Menschen in Bonn ein Abschied mit Wehmut: Am 1. Juli 1999 tagte der Bundestag zum letzten Mal in Bonn – vor seinem Umzug nach Berlin.

Von Merle Giebeler

Das Wetter spiegelt die Stimmung vieler Bonnerinnen und Bonner wider, damals am 1. Juli 1999: Der Himmel grau, es regnet. Trotzdem haben sich viele auf dem Marktplatz versammelt, als sich der Bundestag für ein letztes Gruppenfoto auf der Rathaustreppe versammelt.

Gedrückte Stimmung im Plenarsaal

Vorausgegangen ist die letzte Sitzung des Bundestages in Bonn, im Plenarsaal im Bundesviertel. Acht Jahre nachdem die Entscheidung für Berlin als Bundeshauptstadt gefallen ist, steht der Umzug vor der Tür.

"Ohne Wehmut geht das nicht ab. Obwohl wir jahrelang wussten, dass 1999 die Situation eintreffen würde." Bärbel Diekmann, SPD, Oberbürgermeisterin von Bonn 1994-2009

Streit und laute Diskussionen, wie bei Bundestagssitzungen üblich, gibt es nicht: „Man hatte das Gefühl die Luft war raus“, erinnert sich Waldtraud Barth vom Besucherdienst des Bundestags.

Loblieder auf das bescheidene Bonn

1949 wurde der Regierungssitz in Bonn zunächst als Provisorium eingerichtet. Diesen Ruf wird die Stadt nur mühsam los, auch nachdem sie 1973 Bundeshauptstadt wird. Bonn war untypisch für einen Regierungssitz – das wird auch in den Reden der letzten Bundestagssitzung deutlich.

"Die meisten Auslandskorrespondenten suchten ihren neuen Dienstort zuerst einmal auf der Landkarte. Aber Bonn war eben auch überschaubar, freundlich und verzichtete gelassen auf grandiose Gesten und Kulissen, auf Pathos und Protzerei." Wolfgang Thierse (CDU), Bundestagspräsident 1998-20005
"Das Flair einer Weltstadt kann Bonn nicht bieten. Aber diese heitere, eher bescheidene rheinische Stadt bietet etwas, das für uns alle, die wir hier gearbeitet haben wichtig war: Nähe." Hans-Ulrich Klose (SPD), Bundestagsabegordneter

Neuer Plenarsaal wird nur kurz genutzt

Am 1. Juli 1999 tagte der Bundestag zum letzten Mal in Bonn. | Bildquelle: WDR

Das Regierungsviertel entlang des Rheins wuchs in den 80er Jahren Stück für Stück, die Bundesregierung unter Helmut Kohl wollte es zu einem attraktiven Besucherziel machen. 1992 wurde ein neuer, heller Plenarsaal fertig gestellt, der „Behnisch-Bau“– da war die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt allerdings schon gefallen.

Auch Kohl spricht bei der letzten Bonner Sitzung. Er betont: Die Rückkehr von Parlament und Regierung nach Berlin sei in keiner Weise eine Restauration von etwas Vergangenem.

"Wir gehen nach Berlin, aber nicht in eine neue Republik. Es ist wahrlich ein kostbares Erbe, das Bonn an Berlin weitergibt." Helmut Kohl, CDU, Bundeskanzler 1982-1998

Bundesviertel als Symbol für Demokratie

Blick auf das ehemalige Regierungsviertel in Bonn | Bildquelle: WDR

Der Plenarsaal ist heute Konferenz- und Veranstaltungsgebäude. Das Bundesviertel ist Aushängeschild für die Stadt - und Symbol für deutsche Demokratie. Heute sitzen dort unter anderem die Deutsche Welle, die Vereinten Nationen, DHL und Telekom - aber auch noch einige Bundesministerien.

Unsere Quellen:

  • Archiv ARD (Tagesthemen/Tagesschau)
  • Archiv RBB (B1 Spezial)
  • Archiv WDR (Lokalzeit Bonn)
  • Webseite der Stadt Bonn
  • Webseite des Bundestages