Obdachlose auf dem Krefelder Theaterplatz, daneben viele Säcke und ein Fahrrad mit Decken

"Ekelhaft und gefährlich" – Krefelder Theater mit Brandbrief an Reul

Stand: 03.11.2022, 16:28 Uhr

Die Situation auf dem Vorplatz des Krefelder Theaters werde wegen der dortigen Drogenszene immer schlimmer. Die Theaterleute wollen den Zustand nicht mehr hinnehmen und beschreiben in einem Brief an NRW-Innenminister Herbert Reul die Zumutungen mit drastischen Worten.

Wenn Zuschauer ins Theater wollen, müssen sie an Drogensüchtigen vorbei, dabei stinkt es nach Urin und Kot. Wer im Erdgeschoss des Theaters arbeitet, blickt auf Menschen, die sich gerade einen Schuss geben oder ins Gebüsch pinkeln.

Auch ein Zaun rund um das Theater hilft nicht, weil die Drogensüchtigen darüber steigen. Im Parkhaus des Theaters wird mittlerweile gedealt und konsumiert.

Drogensüchtige halten Theater-Besucher fern

Auf dem Foto sind mehrere Personen, die den NRW-Innenminister Herbert Reul anschauen. Dieser hält eine Mappe in der Hand.

Die Theater-Vertreter überreichen Reul den Brandbrief.

So schildert der Betriebsrat des Krefelder Theaters die Situation der Mitarbeiter dem NRW-Innenminister Herbert Reul. Am Mittwochabend haben Vertreter des Theaters den Brief an Reul überreicht. Aus Sicht des Innenministers verfolgen die Mitarbeiter des Theaters ein "berechtigtes Anliegen".

Aus Sicht der Mitarbeitenden des Theaters spitzt sich die Situation immer weiter zu: Theaterabonnenten hätten schon gekündigt – weil sie sich auf dem Weg zum Theater und zurück nicht mehr sicher fühlen würden.

Immer mehr Ratten

Es kämen immer mehr Ratten wegen des Mülls, den die Drogenabhängigen auf dem Theatervorplatz hinterlassen würden.

Im vergangenen Monat habe jemand mit einer Bierflasche eine Fensterscheibe zerstört, die Drogensüchtigen hätten auch eine Außentreppe zerstört, die unter Denkmalschutz stand und auch ein Fluchtweg war.

"Es kostet Überwindung, sowohl tagsüber, als auch nachts, zum Theater zu gehen. Es ist ekelhaft, unangenehm und gefährlich!" Brief der Mitarbeitenden des Krefelder Theaters an Herbert Reul

Krefeld wird laut den Theater-Mitarbeitern in sozialen Medien schon als Ort für die Drogenszene beworben, an dem keine Konsequenzen drohen würden.

"Es kostet Überwindung, sowohl tagsüber, als auch nachts, zum Theater zu gehen. Es ist ekelhaft, unangenehm und gefährlich", fassen die Autoren des Briefes die Situation zusammen.

Tut die Polizei nichts?

Weil die Polizei aus Sicht der Theater-Mitarbeiter die Drogenszene auf dem Theatervorplatz bewusst toleriere, um die Drogenabhängigen an einem Ort zu bündeln, wenden sich die Menschen vom Theater direkt an Herbert Reul.

"Das ist kein rechtsfreier Raum und es ist auch nicht so, dass die Polizei da nichts tut!" Bernd Klein, Pressesprecher Polizei Krefeld

Die Polizei will die Drogenszene am Theaterplatz tatsächlich nicht zerschlagen: "Es macht keinen Sinn, die Abhängigen da zu verjagen und aufs Stadtgebiet zu verteilen," sagt Polizeisprecher Bernd Klein. Dann könnten eventuell auch Kinder oder Jugendliche in die Szene hineingezogen werden.

In einem anderen Punkt widerspricht die Polizei den Theater-Mitarbeitern aber: "Das ist kein rechtsfreier Raum und es ist auch nicht so, dass die Polizei da nichts tut," sagt Klein. Straftaten wie Drogenhandel oder -konsum würden geahndet, es finden auch Razzien auf dem Theaterplatz statt.

Krefeld plant neues Drogenhilfezentrum

Die Stadt Krefeld kennt das Problem schon lange. Sie will die Drogenszene mit einem neuen Drogenhilfezentrum mit Konsumraum vom Theaterplatz weglocken. Das neue Zentrum in der Innenstadt nahe des Hauptbahnhofes sollte ursprünglich im Herbst eröffnet werden, jetzt soll es Anfang des kommenden Jahres fertig werden. Gegen diese Pläne gab es Widerstand der Anwohner am neuen Standort des Drogenhilfezentrums.

Mehr Ordnungskräfte und ein Alkoholverbot

Außerdem sollen 17 zusätzliche Ordnungskräfte eingestellt werden, sodass diese an 16 Stunden pro Tag an sieben Tagen pro Woche im Einsatz sein können. Auch die Zahl der Streetworker soll steigen. Die Stadt plant ein Alkoholverbot in der Krefelder Innenstadt, wie sie im September mitteilte. Dieses solle einen "größtmöglichen Geltungsbereich" in der Innenstadt abdecken.

Aktives Betteln soll verboten werden. Dazu gehöre aggressives sowie in Banden organisiertes Betteln oder Betteln mithilfe von Tieren, so die Stadt. Bettler sind auch ein Problem, das die Theater-Mitarbeiter in ihrem Brief anprangern.