Jahrestagung in Köln: Beamtenbund sieht Verrohung der Gesellschaft
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Jahrestagung in Köln: Beamtenbund sieht Verrohung der Gesellschaft
Stand: 06.01.2025, 14:44 Uhr
Bundesinnenministerin Faeser war am Montag in Köln bei der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbunds zu Gast. Thema waren unter anderem mangelndes Vertrauen vieler Bürger in den Staat und die Finanzierung des öffentlichen Dienstes.
Von Jochen Hilgers
Traditionell Anfang Januar lädt der Deutsche Beamten Bund in Köln zu seiner Jahrestagung. Genauso traditionell ist der Austausch des dbb mit der obersten Dienstherrin Nancy Faeser (SPD). Obwohl viele Positionen strittig sind, in einem sind sich beide Seiten klar: Die Verrohung der Gesellschaft nimmt erschreckende Ausmaße an, sagen sie.
Silvester-Ausschreitungen "fürchterlich und unerträglich"
Der stellvertretende Bundesvorsitzende Volker Geyer widmet den letzten Teil seiner Rede den Ausschreitungen an Silvester. Da habe man wieder erleben müssen, wie Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter angegriffen und verletzt wurden. "Das ist fürchterlich und unerträglich", sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende und fügt hinzu:
Wo das Vertrauen in den Staat schwinde, schwinde auch der Respekt vor den Beschäftigten, resümiert Geyer.
Auch Bundesinnenministerin Faeser sieht eine zunehmende Verrohung von Teilen der Bevölkerung. Sie spricht von fast 300 Angriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte täglich und fordert die Justiz auf, die vorhandenen Strafmaße auszuschöpfen.
Finanzierung wieder ein Thema
Die Jahrestagung steht zudem immer im Zeichen der Arbeitsbedingungen und damit dem leidigen Thema der Finanzierung. Das war bisher in jedem Jahr so - und für den Beobachter scheint es, als bewege sich in der Diskussion nicht viel. Der Beamtenbund fordert eine bessere Bezahlung im öffentlichen Dienst, attraktivere Arbeitsbedingungen und bessere Ausstattung. Demnächst beginnen die Tarifverhandlungen.
570 Teilnehmende aus ganz Deutschland treffen sich bei der Tagung in Köln
Geyer kritisiert, in der Vergangenheit habe der Staat zu wenig investiert. Die Lage für die Städte sei "bitterernst", hatte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker bereits in ihrem Grußwort moniert. Die Bundesinnenministerin äußert ihr Verständnis, schnelle Abhilfe scheint sie aber nicht anbieten zu können. Faeser verweist nämlich auf die äußerst ungünstigen Rahmenbedingungen. Schlechte Wirtschaftsdaten und mit dem Ukraine-Krieg ein Konflikt, der bereits fast drei Jahre die Welt beeinflusst. Faeser setzt daher nach eigenen Angaben auf Digitalisierung. Unzufrieden ist sie, genau wie der dbb, mit der Erkenntnis einer Umfrage, nach der 70 Prozent der Bevölkerung kein Vertrauen in den Staat hat.
Keine Kettensägen-Politik
Der stellvertretende dbb-Vorsitzende Geyer kann sich bei der Tagung einen Seitenhieb auf den ehemaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nicht verkneifen. Der habe gefordert, mehr zu wagen, wie Elon Musk und Javier Milei. Musk soll in den USA unter dem gewählten Präsidenten Donald Trump die Effizienz der Regierung verbessern. Milei ist der argentinische Staatspräsident. Musk und Milei, sagt Geyer, wollten den Staat bekanntlich mit der Kettensäge zurückstutzen. Das sei natürlich hanebüchener Unsinn.
"Die Kettensägen lassen wir lieber bei unseren Waldarbeitern, die können damit wenigstens umgehen", sagt Geyer und erteilt radikalen Rezepten eine Absage. Das Publikum in der Kölnmesse reagiert mit Applaus und auch die Bundesinnenministerin lächelt verhalten.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort