Graffiti und Street Art sind am Bahnhof Köln-Ehrenfeld keine Seltenheit, dicht an dicht reihen sich Wandgemälde. Sich auf eines zu konzentrieren, fällt im Vorbeihasten zu den Gleisen manchmal schwer. Doch am Sonntag rückte eines wieder in den Fokus: Ein Kunstwerk an den Bögen der Bahnunterführung, das an die sogenannten Edelweißpiraten erinnert.
Die Edelweißpiraten waren Jugendliche vor allem aus dem Rheinland, die nicht mitmachen wollten beim Drill der Hitlerjugend und der Ideologie des NS-Regimes. Mit unterschiedlichen Formen leisteten sie Widerstand: Manche wollten einfach ihre Freiheit genießen, andere waren politisch aktiv, verteilten Flugblätter oder beteiligten sich an Sabotage-Aktionen.
Besonders bekannt wurden posthum die Edelweißpiraten, die genau vor 80 Jahren, am 10. November 1944, ohne Gerichtsprozess in Köln-Ehrenfeld erhängt wurden. An sie wurde mit einem Schweigemarsch am Sonntagnachmittag jetzt wieder erinnert.
Bartholomäus-Schink-Straße nach erhängtem Edelweißpiraten benannt
Dort, wo heute der Ehrenfelder Bahnhof steht, wurden an jenem Novembertag 13 Menschen von der Gestapo und SS hingerichtet. Darunter auch sechs jugendliche Edelweißpiraten. Einer von ihnen: Bartholomäus Schink, erst 17 Jahre jung. Mehr als 400 Schaulustige beobachteten damals die Hinrichtung.
Das Leid, das Schink und den anderen Opfern widerfuhr, ist vielen Menschen wohl kein Begriff, die auf dem Weg zu angesagten Ehrenfelder Party-Locations über die heutige Bartholomäus-Schink-Straße eilen. Aktionen wie der regelmäßig stattfindende Schweigemarsch oder das jährliche Edelweißpiratenfestival wollen deshalb die Erinnerungskultur hochhalten.
Debatte um Edelweißpiraten
Dass dem so ist, ist auch dem Kölner Edelweißpiraten Jean Jülich (1929-2011) zu verdanken, dessen Portrait eine Säule am Bahnhof ziert. Denn nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte es zunächst keine Erinnerungskultur gegeben.
Erst 1978 war die Gruppierung wieder öffentlich thematisiert worden. Der WDR berichtete damals im TV-Magazin "Monitor", dass Schink in den Akten der Justizbehörden noch als "Krimineller" geführt wurde. Daraufhin wurde sein ehemaliger Mitstreiter Jülich aktiv, um ihn und die Edelweißpiraten zu rehabilitieren.
Gedenktafel und Edelweißblüten gegen das Vergessen
Drei Jahre später, am 18. Mai 1981, wurde der westliche Abschnitt der Hüttenstraße schließlich in Bartholomäus-Schink-Straße umbenannt. 1986 folgte eine Gedenktafel.
Auch das Wandgemälde erinnert heute eindrucksvoll an die Schrecken des Dritten Reichs und den Mut der Jugendlichen. Mit mehreren Edelweißblüten sowie den Namen und Lebensdaten derer, die vor genau 80 Jahren in Köln-Ehrenfeld von den Nazis umgebracht wurden.
Unsere Quellen:
- WDR-Fernsehsendung "Aktuelle Stunde"
- LVR-Artikel zur NS-Hinrichtungsstätte am Bahnhof Köln-Ehrenfeld
Über dieses Thema berichten wir am 10.11.2024 auch im WDR Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.