Demo gegen Kürzungen im Sozialberich

Lokalzeit aus Düsseldorf 19.10.2023 02:35 Min. Verfügbar bis 19.10.2025 WDR Von Catrin Risch

Zwischen Bastelkleber und viel Verantwortung: In NRWs Kitas fehlt das Geld

Stand: 19.10.2023, 14:40 Uhr

Viele Kitas in NRW stehen vor großen Problemen. Eine millionenschwere Finanzierungslücke macht vor allem freien Trägern zu schaffen. Auch in der Kindertagesstätte Wuppnub in Düsseldorf wird das Geld knapp.

Pappe, Scheren, eine riesen Kiste voller Buntstifte. Claire Herzog sucht Bastelmaterialien zusammen. Das alljährliche Laternenbasteln für den Martinszug steht in der Kindertagesstätte Wuppnub in Düsseldorf an. Gemeinsam mit vier Vorschulkindern macht sich die Kindertagesstättenleitung an die Arbeit. Ein Schneemann, ein Marienkäfer, ein Fliegenpilz und eine Blume sollen es werden. Noch liegen auf den kleinen Tischen aber nur bunte Pappebögen.

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Eigentlich hätte Claire Herzog sich heute an die Buchhaltung der letzten Monate setzten müssen, doch zwei der Erzieherinnen sind krank. Die Buchhaltung macht sie jetzt nach Feierabend. "Die Kinder gehen immer vor. Mir ist die Qualität der Betreuung einfach super wichtig und dann hängt man mittags halt auch mal ein paar Stunden dran", sagt die gelernte Erzieherin.

Zusatzbelastungen sind inzwischen Alltag

Eigentlich würde sie gerne mehr Pädagoginnen und Pädagogen einstellen, doch dafür fehlt das Geld. Seit über 30 Jahren arbeitet Claire Herzog als Erzieherin und Leitung in der Kindertagesstätte Wuppnub e.V.. Eine Aufgabe, die sie eigentlich völlig auslastet, doch immer wieder muss sie in der Betreuung einspringen, wenn eine der Kolleginnen ausfällt.

Das Geld ist jetzt schon knapp

Claire Herzog wie sie mit zwei Kindern Pappe zum basteln schneidet.

Claire Herzog bei der Arbeit in der Kita

Ordentlich aufgestellte Kinderschuhe, hüfthohe Garderobenhaken und viele bunte Bilder ziehen sich den gesamten Flur entlang, von dem man in die zwei Gruppenräume der Kita gelangt. 39 Kinder werden hier täglich betreut. Die Kindertagesstätte Wuppnub ist eine Elterninitiative. Das bedeutet, dass sich der Vorstand aus Eltern zusammensetzt. Nach drei Jahren sind die aber in der Regel alle wieder weg. Langfristiges Planen macht das schwierig. Besonders wenn das Geld so knapp ist wie momentan. Selbst eine neue Auszubildende einzustellen, war in den letzten Jahren nicht drin. Steigende Unterhaltskosten und vor allem höhere Personalkosten machen der Kita zu schaffen. Besserung ist nicht in Sicht.

Junge Fachkräfte sind schwer zu finden

Portrait der Erzieherin Annett Frank

Annett Frank hätte auch gerne demonstriert

Eher im Gegenteil. Die nächsten ein bis zwei Jahre kommen sie im Wuppnub noch zurecht, aber danach wird es eng. "Das erste was passieren wird, ist, dass wir nicht mehr nach Tarif bezahlen können, es wird keine Sonderzahlungen mehr geben. All sowas fällt dann weg", sagt Claire Herzog und zuckt mit den Schultern. Sollte es soweit kommen, wird es für das Team noch schwieriger passendes Personal zu finden. "Ich würde hier auch gerne mal eine Sonderpädagogin haben oder jemand Studiertes einstellen, aber das ist einfach nicht möglich" und wenn das Geld dann mal da ist, ist es so wenig, dass sich kaum jemand auf die Stellen bewirbt. "Bei den aktuellen Bedingungen ist es ganz schwierig junge Leute langfristig zu binden".

Geld ist immer auch Wertschätzung

Für das Team in der Kita geht es letztendlich auch um Wertschätzung. "Wir haben eine große Verantwortung für die Kinder und das sollte schon auch wertgeschätzt werden", erzählt Erzieherin Annett Frank, während sie mit den Kindern die Schuhe anzieht. Eigentlich würde sie auch gerne mit ihren Kolleginnen und Kollegen vor dem Landtag in Düsseldorf demonstrieren, doch die Personaldecke ist so dünn, dass sie nicht mal eine Notbetreuung stemmen könnten. Sie wünschen sich, dass die Landesregierung nicht wegschaut und erkennt, dass die Gelder nicht ausreichen. "Ich frage mich immer, wer sowas da oben macht! Die sind überhaupt nicht in der Realität angekommen!" Trotz der schwierigen Umstände kann sie sich aber nicht vorstellen, jemals etwas anders zu machen.