Horst Ladenberger, Sprecher des Arbeitskreises barrierefreies Köln, war vor der Sondersitzung des Sozial- und Verkehrsausschusses der Stadt Köln am Dienstag nicht sonderlich optimistisch. "Ich fürchte, dass sie alles so lassen, wie es ist." Ladenberger sollte Recht behalten, wenn auch nur in Teilen.
Neue Fahrzeuge für 450 Millionen Euro
Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) haben für ihre Stadtbahn 64 neue Niederflurfahrzeuge bestellt und nehmen dafür 450 Millionen Euro in die Hand. Niederflurfahrzeuge sind stufenlose Straßenbahnwagen, in die Fahrgäste ebenerdig einsteigen. Auch Menschen mit Gehbehinderungen. "Aber genau sie werden in den neuen Kölner Niederflurbahnen große Probleme bekommen", sagt Ladenberger, der selbst im Rollstuhl sitzt.
Hürde für Rollstuhlfahrer
Der Einstieg für Rollstuhlfahrer ein Problem
Ladenberger hat im Sommer 2022 ein 1:1-Modell der neuen Bahn (ein sogenanntes Design-Mock-up) getestet und ist nur mit Schwierigkeiten in die Bahn gekommen. Zunächst musste er mit den kleinen Rädern einen schmalen Spalt von der Bahnsteigkante in die Bahn überwinden und zugleich den Rollstuhl nach hinten kippen, weil die Bahnkante etwas über dem Bahnsteig liegt.
Sobald er diese Hürde genommen hatte, musste er in der Bahn eine kleine Schräge hochfahren, um von dort aus den Platz ansteuern zu können, wo er mit dem Rollstuhl stehen kann. "Viele Rollstuhlfahrer schaffen das nicht allein. Sie haben gar nicht die Kraft dafür." Das Problem war jedoch: Im Sommer 2022 waren die neuen Bahnen mit dieser Einstiegskonstruktion bereits bestellt.
Neue Fahrzeuge sollen ab Ende 2024 fahren
"Wir haben bei der Entwicklung alle technischen Vorschriften für barrierefreie Bahnen berücksichtigt", sagt KVB-Vorstand Stefanie Haaks. Auch Wünsche und Verbesserungsvorschläge von behinderten Menschen seien in die Entwicklung der Wagen mit eingeflossen. Deshalb tue es ihr leid, wenn sich jetzt zeige, dass gehbehinderte Menschen Probleme beim Einsteigen haben können.
In den vergangenen Monaten hatten die KVB immer wieder betont, dass es viele Millionen Euro kosten würde, die Bahnen neu zu planen. Außerdem könne man sie dann nicht wie geplant ab Ende 2024 auf die Schiene bringen.
Was bedeutet "barrierefrei"?
Das hatten auch die Politiker vor Augen, als sie in der Sondersitzung am Dienstag eine Lösung suchen mussten. Mehrere Politiker betonten, dass ihnen hier ein Grundsatzproblem deutlich geworden sei: Technisch barrierefrei, bedeute in der Praxis nicht unbedingt auch barrierefrei.
Sie gaben den KVB am Ende grünes Licht: Die Bahnen dürfen so gebaut werden wie geplant, aber mit deutlichen Verbesserungen im Einstiegsbereich. Außerdem sollen bei künftigen Projekten externe professionelle Fachberater von Beginn an die Barrierefreiheit eines Fahrzeugs prüfen.
Für Betroffene ein kleiner Lichtblick
"Wir werden an dem jetzigen Modell alles verbessern, was technisch möglich und machbar ist", versprach KVB-Vorstand Stefanie Haaks nach der Sondersitzung im Kölner Rathaus. Für den enttäuschten Horst Ladenberger und die anderen Mitglieder vom Arbeitskreis ein kleiner Lichtblick.
Über dieses Thema haben wir auch im WDR Fernsehen berichtet.