Das Rentenpaket II
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Rentenpaket II: Was das für die Vorsorge von Millennials bedeutet
Stand: 28.09.2024, 14:00 Uhr
Das Rentenpaket II, das am Freitag im Bundestag beraten wurde, ist umstritten. Was auf die junge Generation zukommt - und warum private Vorsorge immer wichtiger wird.
Die Bevölkerung in Deutschland altert: Immer weniger Berufstätige stehen immer mehr Rentnerinnen und Rentnern gegenüber. Damit Ältere trotzdem genug Rente bekommen, müssen Jüngere mehr zahlen. Daher hat die Bundesregierung eine Rentenreform auf den Weg gebracht. Das sogenannte Rentenpaket II war am Freitag erstmals Thema im Bundestag. Doch an den geplanten Neuerungen gibt es viel Kritik - vor allem wegen der steigenden Beitragssätze.
Was bedeutet das Rentenpaket II für die heute 30-Jährigen?
Wer 1994 geboren wurde und heute 30 Jahre alt ist, muss noch lange arbeiten und in die Rente einzahlen - nämlich bis 2061. Das ist das Jahr, in dem ein heute 30-Jähriger das Alter für die sogenannte Regelaltersrente erreicht - also den Zeitpunkt, ab dem ein Rentenversicherter die gesetzliche Rente ohne Abschläge bekommt. Bis es so weit ist, werden die Beiträge, die Angestellte und Menschen in arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen zahlen, aber wohl nach und nach immer weiter steigen.
Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin sagt: Auf alle, und damit auch auf die heute 30-Jährigen komme eine jährliche Steigerung des Beitragssatzes für die Rentenversicherung zu.
Wie steigen die Rentenbeiträge?
Der Rentenbeitragssatz liegt aktuell bei 18,6 Prozent des Bruttolohns. Ohne Reform würde der Rentenbeitragssatz laut Prognose bis 2030 auf 20,2 und bis 2040 auf 21,3 Prozent steigen. Die geplante Sicherung des Rentenniveaus allein ließe den Beitragssatz laut Gesetz bis 2040 sogar auf 22,6 Prozent steigen. Doch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verspricht: "Wir sorgen vor, dass die Beiträge in der zweiten Hälfte der 30er-Jahre nicht zu stark steigen."
Gibt es für die heute 30-Jährigen jetzt Handlungsbedarf?
Johannes Geyer
Ja. Obwohl auf die junge Generation steigende Beitragssätze zukommen - sollte der Gesetzentwurf unverändert umgesetzt werden - wird die gesetzliche Rente eines Tages nicht reichen. Das heißt: Die junge Generation muss zusätzlich private Altersvorsorge betreiben, um als Rentnerin oder Rentner finanziell über die Runden zu kommen. "Je früher die heute 30-Jährigen mit der privaten Altersvorsorge anfangen, desto besser", sagte Geyer dem WDR. Wichtig ist, sich von unabhängiger Seite - zum Beispiel von Verbraucherzentralen - beraten zu lassen, welche Anlageprodukte sinnvoll sind. Eine Option kann etwa ein ETF-Sparplan sein.
Warum soll es überhaupt ein Rentenpaket II geben?
Die ältere Generation soll genug Rente vom Staat bekommen, damit Altersarmut nicht zum Normalfall wird. Daher will die Bundesregierung das Rentenniveau von 48 Prozent länger festschreiben. Diese sogenannte Haltelinie gilt aktuell nur noch bis nächstes Jahr. Laut Gesetzentwurf soll sie bis einschließlich zur Rentenanpassung im Juli 2039 gelten - damit würde sie sich auf die Rentenauszahlungen bis Juni 2040 auswirken. Bis zu diesem Zeitpunkt würde das Niveau sonst laut Regierung auf 44,9 Prozent sinken.
Das Rentenniveau drückt aus, bei wie viel Prozent des Durchschnittseinkommen die Standardrente liegt. Diese wiederum wird nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsgehalt gezahlt. Die individuelle Rentenzahlung kann davon deutlich abweichen.
Aktienrente, Generationenkapital - was hat es damit auf sich?
Auch hierum geht es in dem Gesetzentwurf – die Regierung nennt das Projekt "Aktienrente" jetzt "Generationenkapital". Vorgesehen ist, dass der Bund dafür dieses Jahr zwölf Milliarden Euro als Darlehen zur Verfügung stellt; in den Folgejahren steigt die Summe jeweils um drei Prozent. Eine noch zu gründende Stiftung soll das Geld verwalten und gewinnbringend am Kapitalmarkt investieren.
Ab 2036 sollen so Ausschüttungen von durchschnittlich zehn Milliarden Euro jährlich an die Rentenversicherung ermöglicht werden. Dies soll "einen Beitrag zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung" erbringen.
Warum ist das Paket umstritten?
Das Paket ist nicht nur wegen der steigenden Beitragssätze umstritten. "Es ist auch nicht vorhersehbar, welche Rendite das Generationenkapital letztendlich abwirft", sagt Geyer. Die Regierung rechnet mit einer durchschnittlichen Rendite von mehr als drei oder vier Prozent. "Obwohl das realistisch geschätzt ist, ist die Annahme unsicher, denn niemand weiß, was die Zukunft bringt", so Geyer.
Das Generationenkapital werde zudem nicht ausreichen, um das Rentensystem zu finanzieren. Denn Ausschüttungen aus dem Generationenkapital an die Rentenversicherung sollen erst Mitte der 2030er Jahre erfolgen. "Die Kosten des Rentensystems werden aber schon in den nächsten Jahren steigen, sogar etwas stärker, wenn das Rentenniveau auf 48 Prozent festgeschrieben werden sollte", so Geyer.
Massive Kritik kommt auch von Arbeitgeber-Seite, denn die Rentenbeiträge werden je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt. Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger fordert von der Regierung, sich auf "nachhaltige Reformen bei der betrieblichen und privaten Altersvorsorge" zu konzentrieren.
Wie könnte das Rentenpaket II verändert werden?
Das DIW Berlin fordert, Selbstständige in die Rentenversicherung einzubeziehen. Daneben sollten weniger Menschen verbeamtet werden - Beamte zahlen während ihrer Dienstzeit keine Sozialversicherungsbeiträge. "So würden schon mal per se mehr Menschen in die Rentenkasse einzahlen", sagt Geyer. Auch plädiert er für eine Reform des Zugangs zur Rente für besonders langjährig Versicherte. Ebenfalls zielführend aus Sicht des DIW Berlin wäre ein Ausbau der Umverteilung im Rentensystem. Denkbar wäre, dass Rentenzahlungen für Personen mit hohen Rentenansprüchen geringer ausfallen würden, um Renten für Menschen mit geringeren Ansprüchen zu stabilisieren.
Nach der ersten Beratung im Bundestagsplenum wird das Rentenpaket II nun weiter im zuständigen Ausschuss beraten. Wann die abschließende Debatte und Abstimmung folgt, ist offen.
Unsere Quellen:
- Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) gegenüber dem WDR
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur dpa
- Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner der Deutsche Rentenversicherung