Blumen und ein BIld der verstorbenen Queen Elizabeth II.

Die Queen ist tot: Nicht die ganze Welt trauert um Elizabeth II.

Stand: 09.09.2022, 14:50 Uhr

Nach dem Tod von Königin Elizabeth II. erreichen Großbritannien unzählige Trauerbekundungen. Doch nicht überall auf der Welt wird das Ableben der Queen als Verlust gesehen.

Von Jörn Kießler

Die britische Königin ist tot. Weltweit melden sich Politiker und Politikerinnen, Prominente und Weggefährten und Weggefährtinnen von Elizabeth II. und drücken ihre Anteilnahme aus. Allen voran die Staatschefs der Commonwealth-Mitglieder, also der Länder, von denen die meisten einst zum British Empire gehörten und jetzt eine lose Verbindung mit Großbritannien haben, jedoch nicht mehr von dort aus regiert werden.

In Australien und Neuseeland beispielsweise wurde Staatstrauer angeordnet. Der pakistanische Ministerpräsident Shehbaz Sharif drückte der königlichen Familie sein "tief empfundenes Beileid" aus. Und auch Indien, das sich 1947 als erstes Land von Großbritannien unabhängig machte, gedachte Elizabeth II..

Nicht die ganze Welt trauert um die Queen

Die Reaktionen in der Öffentlichkeit täuschen aber etwas darüber hinweg, dass nach dem Tod der britischen Königin weltweit nicht nur Trauer herrscht. Vor allem in den Sozialen Medien äußern sich viele User auch durchaus erfreut über ihren Tod. Oft hängen diese Posts auch mit der Geschichte des britischen Imperiums zusammen.

Unter anderem kursiert auf Twitter ein Video, in dem ein Autokorso durch die nordirische Stadt Derry fährt, mit dem das Ableben der Queen gefeiert wird.

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Andere erinnern daran, welche Länder vom Britischen Imperium über Jahrzehnte kontrolliert und ausgebeutet wurden. Ein User, der offenbar aus Jamaica stammt, schreibt beispielsweise: "Sagt mir, warum sollte ich um einen Kolonisator trauern, der meine Vorfahren getötet, versklavt, ausgeraubt und vergewaltigt hat?"

Und in der bekanntesten Talk-Sendung des argentinischen Streaming-Senders Canal 22 geht der Moderator sogar so weit, dass er mit seinen Gästen auf den Tod der Queen anstößt - während er die Queen mit den übelsten Beschimpfungen beleidigt.

Diese Aktionen richten sich nach Auffassung des Marburger Geschichtsprofessor Benedikt Stuchtey aber in erster Linie gegen die Funktion, die Elizabeth II. inne hatte. "Als Monarchin und Oberhaupt Großbritanniens", so der Historiker.

Die Queen als Sinnbild für britischen Imperialismus

An seinem Lehrstuhl beschäftigt sich Stuchtey vor allem mit der Geschichte des britischen Empires. Und in dieser haben sich Großbritannien und vor allem das dazugehörige England auch zahlreiche Feinde gemacht.

"Im Fall von Irland reichen diese historischen Wurzeln bis ins Jahr 1169 zurück", sagt Stuchtey. Damals begannen Engländer und Waliser mit der Eroberung der Insel. "Und die Auswirkungen sind bis heute in der Teilung des Landes deutlich spürbar", so der Historiker.

Vor allem in den katholisch geprägten Regionen werde England bis heute von vielen Menschen als der Haupt- und Dauerfeind gesehen. "Natürlich ist es problematisch, dass mit einem Autokorso der Tod eines Menschen gefeiert wird", sagt Stuchtey. Er glaubt aber, dass das nicht gegen Elizabeth II. als Person gehe. Es sei vielmehr so, dass durch ihre lange Regentschaft die Grenzen zwischen Elizabeth als Person und ihrer Funktion als Monarchin immer mehr verschwommen seien.

Elizabeth II. befürwortete den Falklandkrieg nicht

Das zeigt auch das Beispiel der argentinischen Talk-Show. Argentinien war nie ein Teil des britischen Imperiums und gehört auch nicht zum Commonwealth. "Vor allem in konservativen Kreisen trägt man Großbritannien jedoch den Falklandkrieg nach", sagt Stuchtey.

Im März vor 40 Jahren versuchte die damalige Militärjunta die britisch besetzten Inseln vor der argentinischen Ostküste zurückzuerobern. Die Briten schafften es jedoch schon nach zwei Monaten, die Inseln wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.

Dass einige Menschen in Argentinien nun den Tod der Queen feiern, zeigt, wie sehr sie als Sinnbild für Großbritannien steht. "Denn Elizabeth II. war damals nicht mit der Politik der damaligen Premierministerin Margret Thatcher einverstanden", sagt Stuchtey. Diese war es jedoch, die den harten Kurs gegenüber Argentinien verfolgte.

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, den Stuchtey anspricht: Schon im Moment, als Elizabeth II. starb, wurde ihr Sohn Charles automatisch König Großbritanniens. "Mit dem Tod der Queen endete nicht die Monarchie", so der Geschichtsprofessor.

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