Spruchband im Stadion Nizza: "Quand tentends Horde via Supras qui va avec"

Kölner Polizei wertet Nizza-Videos von Fans aus

Stand: 13.09.2022, 10:03 Uhr

Neben den französischen Sicherheitsbehörden ermittelt jetzt auch die Kölner Polizei zu den Ausschreitungen beim Spiel der Conference League des FC gegen Nizza. Polizeipräsident Falk Schnabel hat eine große Ermittlungsgruppe gebildet.

Von Jochen Hilgers

Auf einem Portal können FC-Fans den Ermittlern Video-und Fotodateien zur Verfügung stellen. Bis Sonntag haben die Polizei bereits 500 Videos und Fotos erreicht. Dazu gingen 200 konkrete Hinweise auf mutmaßlich beteiligte Gewalttäter ein.

Die Video- und Fotodateien zeigen die Ausschreitungen im Stadion von Nizza aus verschiedenen Perspektiven. Die szenekundigen Beamten der Polizei versuchen damit, die überwiegend vermummten Gewalttäter über Tatoos oder Körpermerkmale wie ihre Statur zu identifizieren. Die Chancen dazu stünden gut, sagte ein Sprecher, der hinzufügte, es gingen ständig neue Hinweise ein. Beobachter werten das als Zeichen, dass die überwiegende Mehrheit der Kölner Fans die Übergriffe und Randale im Stadion verurteilt. In der Fan-Szene ist es nämlich eigentlich unüblich, die Polizei bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Die Kölner Polizisten arbeiten bei der Auswertung auch mit den französischen Behörden zusammen. Straftaten, die im Ausland begangen werden, können aber nach dem Wohnortprinzip auch hierzulande geahndet werden.

Französische Polizei schaute weg

Das ist die eine Seite. Eine andere Geschichte ist das offensichtliche Versagen, wenn nicht gar absichtliche Wegsehen der südfranzösischen Polizei. Stefan Müller-Römer, der lange im FC-Mitgliederrat saß und Übergangspräsident war, rettete sich mit Freunden in einen zufällig vorbeifahrenden VW-Bus. Die französische Polizei habe ihm gegenüber Desinteresse bekundet. Auf sein Bitten bei der Randale einzuschreiten, habe er die Antwort eines Polizisten bekommen: Dazu habe er keinen Befehl erhalten.

Kein Fanmobil am Stadion

Vor und nach dem Spiel waren kleinere friedliche Gruppen von FC-Fans von Anhängern aus Nizza attackiert, ausgeraubt und zum Teil schwer verprügelt worden. Es habe keinerlei Hilfe der französischen Polizei gegeben, lautet die Kritik. Ein Beamter soll gesagt haben: "No French, no help."

Müller-Römer kritisiert aber auch den 1.FC Köln. Deren Verantwortliche hätten die eigenen Fans vor den gewalttätigen Hools aus Frankreich warnen müssen. Man habe außerdem einen Kleinbus an die Kurve stellen können mit Verantwortlichen des Vereins. Die hätten beispielsweise helfen können, Krankenwagen zu ordern.

Solidarität mit Gewalttätern

Eine Ohrfeige für den FC ist die Aktion der Wilden Horde am Sonntag beim Spiel gegen Union Berlin, die sich per Banner mit den Gewalttätern der Supras Auteuil solidarisierte. Die Supras waren bereits 2010 wegen anhaltender Gewaltexzesse von ihrem Club Paris Saint-Germain ausgeschlossen worden. Hooligans der Supras aus Paris sollen mit FC-Gewalttätern gemeinsame Sache gemacht haben.

Am Dienstagabend hat sich der Vorstand des Vereins in einem Brief an seine Mitglieder gewendet: Darin heißt es, der 1. FC Köln habe schweren Schaden erlitten. "Gewalttäter in den Farben unseres Vereins haben in Nizza den Fokus auf sich gezogen und einen Tag voller Hoffnungen, Vorfreude und Zusammenhalt mit ihren Aktionen zerstört. Sie haben mit ihren Übergriffen Menschen verletzt, Menschen eingeschüchtert und bei vielen, die diesen Tag mit Freunden und Familie verbringen wollten, Ängste ausgelöst. Was wir auf den Tribünen gesehen haben, waren keine Selbstverteidigungsmaßnahmen, sondern Aktionen - teilweise mit entfesselter Gewalt." Vorstand des 1. FC Köln

Dafür gebe es keine Entschuldigung, heißt es weiter. "Verstärkt wurde das Gefühl der Fassungslosigkeit beim Heimspiel gegen Union Berlin durch ein Banner, das viele als Solidarisierung mit den Gewalttätern interpretierten."

Über dieses Thema berichten wir am Montag, 12.09.2022, in der WDR Lokalzeit im Fernsehen.