Herbstlaub und Äpfel liegen am Boden eines Kleingartens. Dahinter steht eine Schubkarre, an der ein Rechen lehnt

Sieben Fakten rund um den Schrebergarten

Stand: 21.11.2023, 18:33 Uhr

100 Jahre Kleingartenverbände in NRW - das Jubiläum ist am Mittwoch auch Thema im Landtag. Die SPD will sich in einer Anhörung für mehr Geld und Unterstützung einsetzen. Sieben Fakten rund um die beliebten Schrebergärten.

Von Jörg Sauerwein

1. Hunderttausende Kleingärtner in NRW

Menschen arbeiten in einem Kleingarten

Hunderttausende Menschen in NRW haben einen Schrebergarten

Rund 120.000 Kleingärten gibt es in NRW, heißt es von den beiden Landesverbänden Rheinland und Westfalen/Lippe. Das sind nur die Anlagen, die in den Verbänden organisiert sind. Ralf Krücken vom Landesverband Rheinland der Gartenfreunde e.V. schätzt, dass mindestens noch einmal 50.000 weitere Gärten dazukommen.

"Es gibt noch eine Menge Vereine, gerade auf dem Land, die wir gar nicht kennen", sagt Krücken. Selbst, wenn man nur mit ein bis zwei Personen rechnet, die durchschnittlich einen Kleingarten nutzen und die außerdem oft noch Besuch bekommen, dann sind es schon viele hunderttausend Menschen, die Freude an ihrer Parzelle haben.

2. Die Drittel-Regel im Garten

Eine Frau hält eine Box mit frisch geerntetem Gemüse

Ein Drittel der Fläche für Obst und Gemüse

Ein Kleingarten bietet auch, aber nicht nur Platz zum Relaxen. "Das ist auch viel Arbeit", sagt Sven Behrendt. Er hat seit 20 Jahren eine Parzelle in einer Bottroper Kleingartenanlage gepachtet. Wenn der Frühling kommt, dann ist er durchschnittlich ein bis zwei Stunden pro Tag im Garten. Denn die übliche Drittel-Regel in den Anlagen besagt, dass mindestens ein Drittel der Fläche für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt werden soll.

Ein weiteres Drittel dürfen Gartenlaube, Wege, Terrasse und Kompost in Anspruch nehmen. Und das letzte Drittel darf für Zierpflanzen oder Rasen genutzt werden. "Diese Regel ist auch richtig", meint Behrendt, denn schließlich sollen auch die Menschen, die an den Gärten vorbeikommen, etwas davon haben. Der Anblick der verschiedenen Gärten lockt täglich viele Spaziergänger in die Bottroper Anlage.

Schrebergärten werden im Landtag diskutiert

02:01 Min. Verfügbar bis 22.11.2025


3. Viel Fläche für wenig Geld

Eher ländlich oder in der Stadt, eher abgelegen oder zentral – die Kosten für einen Schrebergarten variieren deutlich. In der Regel liegt die Pacht zwischen 8 und 50 Cent pro Quadratmeter. Bei Sven Behrendt sind es für mehr als 400 Quadratmeter Kleingarten rund 140 Euro Pacht im Jahr. Dazu kommen noch die Kosten für Strom, Wasser und Versicherung.

4. Berüchtigte Warteliste

Je nachdem, wo man sich für einen Kleingarten interessiert, kann es dauern, bis man einen bekommt. "In einigen begehrten Kölner Anlagen kann die Wartezeit zum Beispiel bei bis zu zehn Jahren liegen", sagt Ralf Krücken vom Landesverband Rheinland. Das ist natürlich extrem, aber auch in nicht ganz so begehrten Fällen müsse man vor allem in Städten mit einer Wartezeit von zwei bis vier Jahren rechnen.

5. Kleingärten immer beliebter

Schon in den Jahren vor Corona wuchs das Interesse an Kleingärten. Mit der Pandemie aber setzte ein großer Run auf freie Gärten ein, bestätigen die Verbände. Das habe sich inzwischen normalisiert, aber die Nachfrage sei immer noch groß. "Immer mehr Familien wollen eigenes Gemüse und Obst ernten", erklärt Krücken das anhaltende Interesse. Und die Gärtner sind mittlerweile auch deutlich jünger.

Das Durchschnittsalter der Kleingärtner ist von früher gefühlten 70 auf etwa 50 Jahre gesunken. Ralf Krücken, Geschäftsführer Landesverband Rheinland der Gartenfreunde e.V.

Außerdem empfinden Kleingärtner wie Sven Behrendt die Zeit in ihrer Parzelle als "Gefühl von Freiheit und Ausgleich zum Job". Etwas eigenes erschaffen, Pflanzen wachsen sehen und nach der Gartenarbeit im Schatten entspannen. "Hier fühle ich mich wie in einer Oase", schwärmt Behrendt.

6. Hotspots für Artenvielfalt und Klimaschutz

Bunte Blumen und Blütenstauden in einem naturnahen Kleingarten

Trend zum naturnahen Garten

In Behrendts Garten wimmelt es im Sommer von Bienen, Schmetterlingen und Vögeln. Unterschiedliche Pflanzen sorgen dafür, dass die Kleingartenanlagen ein Hotspot für die Tierwelt seien, heißt es vom Verband. Flächen mit "guten Wildblumenwiesen" gehören demnach inzwischen fast überall dazu. Außerdem sorgen die Grünflächen für eine bessere Frischluftzufuhr in den Städten.

Mit Blick auf die Umwelt habe sich auch das Gärtnern in den vergangenen Jahren deutlich verändert, erläutert Ralf Krücken: "Die Giftspritze von früher spielt zum Beispiel heute kaum noch eine Rolle." Stattdessen setzen viele Kleingärtner auf möglichst natürliche Mittel wie beispielsweise Brennnesseljauche, die nicht nur ein natürlicher Dünger ist, sondern auch ein umweltfreundlich gegen Schädlinge hilft.

7. Gesunde Menschen: Die Idee des Schrebergartens

Moritz Schreber war ein Leipziger Orthopäde im 19. Jahrhundert. Er hatte aber weniger Gemüse im Sinn, als gesunde Menschen. Kinder sollten viel Bewegung an der frischen Luft und dafür entsprechende Plätze zum Toben und Spielen bekommen. Der erste Schreberplatz entstand aber erst 1864, einige Jahre nach Schrebers Tod.

Kleingartenkolonie im Ruhrgebiet

Etwas später wurde daraus eine Kleingartenanlage, als ein Lehrer die Kinder nicht nur spielen, sondern auch Beete anlegen ließ – ursprünglich als Bewegungstherapie gedacht. Weil die Kinder die Gärten aber nach kurzer Zeit schon verwildern ließen, kümmerten sich bald die Eltern um die "Schrebergärten".

Die allererste Kleingartenanlage gab es aber schon lange vorher und ist bereits 1814 in Kappeln an der Schlei gegründet worden. Sozial Schwache sollten mit den Parzellen unterstützt werden, um sich selbst zu versorgen. Viel später hat sich im Laufe der Zeit der "Schrebergarten" als einer von verschiedenen Namen für den geliebten Kleingarten durchgesetzt. In NRW entstanden um 1900 im Ruhrgebiet die ersten Kleingartenanlagen.

Unsere Quellen:

  • Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner e.V.
  • Landesverband Rheinland der Gartenfreunde e.V.
  • Schrebergärtner