Ende für Tankrabatt und 9-Euro-Ticket: Die Schonzeit ist vorbei

Stand: 01.09.2022, 06:26 Uhr

Ab heute wird Mobilität teurer: Millionen Nutzer des 9-Euro-Tickets müssen wieder den vollen Preis im ÖPNV zahlen. Gleichzeitig endet der Tankrabatt. Wie geht es weiter?

Drei Monate lang dauerte die Schonzeit im Öffentlichen Nahverkehr und die (zumindest leichte) Entlastung für Autofahrer an der Tankstelle. Ab Donnerstag, 1. September, werden die Menschen in Deutschland wieder im vollen Ausmaß mit den Auswirkungen der Energiekrise konfrontiert: Das 9-Euro-Ticket ist vorläufig Geschichte und für Benzin und Diesel muss wieder der volle Steuersatz bezahlt werden.

Womit müssen Autofahrer in den kommenden Tagen und Wochen rechnen? Und gibt es Chancen auf ein Nachfolgeangebot zum 9-Euro-Ticket noch im Herbst?

Tankpreise steigen schon seit Wochen

Der Gelsenkirchener Tankstellenbetreiber Ben Rohsiepe sagte dem WDR am Mittwoch, er habe schon in den vergangenen Wochen gemerkt, dass die Preise angestiegen sind. Er sieht die Schuld bei der Energiewirtschaft: "Das Wirtschaftsunternehmen greift wieder den Markt ab, um ein bisschen Geld zu verdienen." Weil die Preisgestaltung am Kraftstoffmarkt für den Einzelnen schwer zu durchschauen ist, hatte es schon seit Monaten Vorwürfe gegen die Mineralölkonzerne gegeben, sich auf Kosten der Verbraucher zu bereichern.

Eine aktuelle Studie des Essener Wirtschaftsforschungsinstituts RWI kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis: Der Tankrabatt sei zum größten Teil an Kunden weitergegeben worden. Ein Vergleich mit den Preisen in Frankreich zeige, dass im Juli und August andere Faktoren zum Anstieg der Tankstellenpreise beigetragen hätten.

Dürre als Preistreiber?

Der wichtigste aktuelle Preistreiber sei vor allem die Dürre und der damit verbundene niedrige Pegelstand des Rheins gewesen, so das RWI. Das habe vor allem bei Diesel für hohe Transportkosten und damit steigende Preise gesorgt. Bei Superbenzin der Sorte E10 zeige sich der gleiche Effekt, allerdings nicht im gleichen Ausmaß, da Superbenzin im Vergleich zu Diesel in weit geringerem Ausmaß importiert werden muss.

Aber auch wenn in den kommenden Wochen und Monaten der Rheinpegel wieder steigt - Autofahrer müssen sich wohl auf Dauer auf hohe Spritpreise einstellen.

Noch kein Nachfolger für 9-Euro-Ticket in Sicht

Wer angesichts solcher Aussichten mehr mit dem ÖPNV fahren will, muss sich ebenfalls auf steigende Kosten einstellen. Ein Nachfolgeangebot für das erfolgreiche 9-Euro-Ticket wird es vorerst nicht geben. Stattdessen haben NRW-Verkehrsunternehmen angesichts der gestiegenen Kosten Preiserhöhungen angekündigt: So werden beispielsweise die Tickets im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) zum 1. Januar 2023 durchschnittlich 1,7 Prozent teurer.

Pendler hoffen auf leere Züge

Laut einer WDR-Umfrage am Kölner Hauptbahnhof werden viele das Angebot vermissen - vor allem wegen des unschlagbaren Preises. Menschen, die schon immer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen waren, zeigten aber auch eine gewisse Erleichterung und hoffen auf "normale" Verhältnisse im Bahnverkehr. Vor allem Pendler erklärten, sie freuten sich, wenn Züge ab Donnerstag nicht mehr so oft überfüllt wären. Die vergangenen drei Monate seien zwar billig gewesen - aber dafür auch sehr stressig.

Wie lange die "Ruhepause" für Bahn und Pendler dauern wird, ist noch nicht klar: Auch weiß niemand, Gleichzeitig weiß niemand, wie ein dauerhaft gutes Angebot für Kunden aussehen könnte. Am Mittwoch erklärte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Deutschlandfunk, einen "Rückfall in veraltete Tarifstrukturen" dürfe es nicht geben. Die Tarifstrukturen müssten vereinfacht, die Vertriebsstrukturen digitalisiert werden. Die Preisgestaltung müsse zwar "attraktiv" bleiben, könne aber nicht kostenlos sein.

Wer soll bezahlen? Bund oder Länder?

Die wichtigste Streitfrage besteht darin, wer in welchem Maße ein künftiges Ticket finanzieren soll und kann: Bund oder Länder. Eine Lösung ist derzeit noch nicht abzusehen. Dafür gibt es bereits Vorschläge aus den Ländern zur künftigen Preisgestaltung. NRW -Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) plädiert für ein zweistufiges Nachfolgemodell: "Ein Ticket für 29 Euro im Monat für Regionen wie zum Beispiel NRW und ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket" sagte Krischer der WAZ am Freitag.

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Unterstützung für den Vorschlag der Grünen kommt aus Sachsen und Thüringen. "Ein 31-Euro-Ticket für Bedürftige und ein 69-Euro-Ticket für die anderen", erklärte auch der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) gegenüber dem Hessischen Rundfunk. Es gebe aber eine Einschränkung: "Solange Christian Lindner sagt, er gibt keinen Euro weder für die Ausweitung des Angebots noch für ein Folgeangebot des Tickets, solange kann es keine Lösung geben."

Berlin plant Angebot für den Übergang

Aber: Eine kurzfristige Lösung kündigt sich derzeit nicht an. Aus den Ländern heißt es, frühestens im Herbst könnte ein neues Ticket angeboten werden, möglicherweise auch erst im kommenden Jahr. Eine Ausnahme ist Berlin: Hier soll nach Beschluss des rot-grünen Senats bereits ab Oktober ein neues, günstiges Ticket auf den Markt kommen. Der Preis des 9-Euro-Ticket-Nachfolgers sowie der Geltungsbereich müssten noch geklärt werden, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).

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