Rurstausee in der Eifel

Zweiter Nationalpark: NRW kippt Bewerbungsfrist für Regionen

Stand: 07.02.2024, 14:23 Uhr

Eigentlich sollte Ende März schon das formale Ausweisungsverfahren für den zweiten Nationalpark starten. Doch dieser Zeitplan ist nicht zu halten, wie das Land nun einräumt.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Fünf Monate nach Start des Findungsprozesses für einen zweiten Nationalpark wirft das Land den eigenen Zeitplan über den Haufen: Die ursprünglich genannte Bewerbungsfrist zum Ende des ersten Quartals 2024 sei nun doch "ausdrücklich keine Ausschlussfrist", teilte das zuständige Umweltministerium auf WDR-Anfrage mit. Das erste Quartal endet mit dem 31. März. Zunächst hatte dpa über den veränderten Zeitplan berichtet.

Seit längerem Streit um Findungsprozess

NRW Verkehrsminister Oliver Krischer

Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne)

Vorausgegangen war eine mehrere Monate andauernde Kontroverse über den Bewerbungsprozess. Bereits zwei Wochen nach dem Start hatte beispielsweise der Kreistag von Siegen-Wittgenstein das Verfahren kritisiert und beim Land um eine längere Bewerbungsfrist gebeten. Die gewährte das Umweltministerium dem Kreis noch im Oktober nicht. Nun vollzieht das Haus von Oliver Krischer (Grüne) die Kehrtwende.

Das Land hatte im September einen Modus gestartet, bei dem die Regionen selbst entscheiden, ob sie einen Nationalpark auf ihrem Gebiet haben wollen. In einem nächsten Schritt sollte dann dieses Begehren beim Land formal eingereicht werden.

Zum zeitlichen Ablauf steht dazu noch immer auf der offiziellen Website des Landes: "Kreise und kreisfreie Städte können bis Ende des ersten Quartals 2024 Bewerbungen für die Einrichtung des zweiten Nationalparks beim Umweltministerium einreichen". Weil eine solche Bewerbung jetzt doch auch nach dem 31. März möglich ist, wird sich auch der nächste Schritt des Findungsprozesses verschieben: "Ab Ende Quartal 1 2024" sollte eigentlich auf Basis der Bewerbungen das "gesetzlich vorgeschriebene, formale Ausweisungsverfahren für den zweiten Nationalpark" starten - so steht es ebenfalls im Zeitstrahl des Landes, der nun hinfällig ist.

Keine neue, verbindliche Frist

Eine neue, verbindliche Frist, nach der keine Bewerbungen mehr akzeptiert werden, nannte das Umweltministerium nicht. Bislang liegt dem Land keine Bewerbung vor.

Dass der 31. März nun doch "ausdrücklich keine Ausschlussfrist" darstellt, begründete das Umweltministerium mit der "großen Diskussion über Nationalparke und den Naturschutz" in den Regionen. Die seien erfreulich, jedoch: "Diese Diskussionen und vor allem die Bürgerbegehren dauern aber noch an und werden sich sicherlich durch mögliche Bürgerentscheidverfahren auch erst im ersten Halbjahr konkretisieren", teilte das Ministerium mit. Man wolle "diesen Regionen die nötige Zeit für eine angemessene Auseinandersetzung" einräumen.

SPD: Klammheimlich Fristen verlängert

René Schneider

René Schneider (SPD)

Die im Landtag oppositionelle SPD nennt das Vorgehen des Umweltministeriums "intransparent und unkoordiniert". Der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, René Schneider, bezeichnete die Suche nach dem zweiten Nationalpark sei "ein Scheitern mit Ansage". Umweltminister Krischer sei nun "offenbar bereit, klammheimlich Fristen zu verlängern", sagte er. "Doch auch längere Fristen werden kaum helfen, so lange die CDU-dominierten Kreistage in den potentiellen Regionen das letzte Wort bei einer Bewerbung haben. Denn an der Basis will die CDU nichts von den schwarz-grünen Absprachen in Düsseldorf wissen", so Schneider.

Rumoren in der schwarz-grünen Koalition

Der SPD-Politiker legt damit den Finger in eine Wunde der schwarz-grünen Koalition: Ein zweiter Nationalpark ist den Grünen seit Jahrzehnten ein großes Anliegen - die CDU dagegen steht dem Vorhaben zurückhaltend bis skeptisch gegenüber. Doch die Grünen setzten sich in dieser Sache gegen den Koalitionspartner durch: Die Pläne für einen zweiten Nationalpark schafften es in den Koalitionsvertrag, im September schließlich startete das grün geführte Umweltministerium als Federführer den Findungsprozess.

Stadtgespräch aus Paderborn: Nationalpark Egge

WDR 5 Stadtgespräch 30.11.2023 55:58 Min. Verfügbar bis 29.11.2025 WDR 5


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Ohne Bewerbung kein zweiter Nationalpark

Während Umweltminister Krischer zum Startschuss Euphorie verbreitete, betonte die ebenfalls involvierte Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) immer wieder die teils vorhandenen Bedenken gegen einen zweiten Nationalpark, die es vor Ort in den betroffenen Kreisen gibt. Einigkeit demonstrierten Gorißen und Krischer dagegen bislang in einer entscheidenden Frage: Sollte sich gar keine Region auf einen zweiten Nationalpark bewerben, dann wird das Land auch keinen ausweisen, das räumt auch Krischer immer wieder ein.

CDU blockiert Nationalpark in Kreistagen

Umso heftiger laufen seit dem Herbst die Diskussionen in den potenziellen, ländlich geprägten Kreisen. In denen ist die eher Nationalpark-skeptische CDU besonders stark - ein Problem für den Grünen-Minister und sein Prestigeprojekt. Denn die CDU kann vielerorts eine Bewerbung blockieren.

So geschehen in Höxter, wo sich der Kreistag mit den Stimmen von CDU, FDP und AFD im Oktober gegen den "Nationalpark Egge" stellte. Der Soester Kreistag stimmte im Dezember gegen einen möglichen Nationalpark "Arnsberger Wald", ebenso der Kreistag des Hochsauerlandkreises. Doch die Befürworter gaben mancherorts nicht auf und erwirkten ein Bürgerbegehren. Die nötige Anzahl an Unterschriften übergaben sie am Montag an den Kreis Höxter. Auch im Kreis Paderborn war ein vergleichbares Begehren erfolgreich.

Bürgerentscheide in Höxter und Paderborn wahrscheinlich

Im nächsten Schritt werden sich nun die beiden Kreistage mit dem Begehren beschäftigen. Sollten sie eine Nationalpark-Bewerbung ablehnen, wird es zum Bürgerentscheid kommen. Bei dem wären dann alle Stimmberechtigten der Gemeinde dazu aufgerufen, für oder gegen einen Nationalpark zu votieren - und könnten so den ablehnenden Kreistagsbeschluss überstimmen. Für einen solchen Bürgerentscheid ist mancherorts der Termin der Europawahl im Gespräch - also der 9. Juni 2024.

Anstatt langsam zum Abschluss zu kommen, nimmt die Auseinandersetzung um einen zweiten Nationalpark im ersten Quartal des Jahres also gerade erst Fahrt auf. Sicher ist bislang nur, dass der Prozess noch viele Monate dauern wird. Wie lang genau, und ob es in diesem Jahr die eigentlich von der Politik versprochene Klarheit gibt, ist derzeit vollkommen unklar.

Über dieses Thema berichtet der WDR-Hörfunk in der Sendung "Westblick" auf WDR5 ab 17:05 Uhr.

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